A. Vorbemerkung

 

Rz. 1

Aus dem privatrechtlichen Charakter des Versicherungsrechts ergibt sich, dass Versicherungsverträge ausdrücklich oder stillschweigend, schriftlich oder mündlich geschlossen werden. Ebenso wie im allgemeinen Zivilrecht werden die meisten Versicherungsverträge allein aus Beweisgründen schriftlich geschlossen. Grundsätzlich besteht Vertragsfreiheit mit der Maßgabe, dass sowohl Versicherer als auch Versicherungsnehmer frei entscheiden können, ob und welchen Inhalts sie Verträge schließen. Eine Ausnahme ergibt sich lediglich aus § 5 PflVG, der den Kfz-Versicherern einen Kontrahierungszwang in bestimmten Grenzen auferlegt.

B. Versicherungsschein

 

Rz. 2

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 VVG ist der Versicherer verpflichtet, dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein auszuhändigen. § 3 Abs. 3 VVG verpflichtet den Versicherer, dem Versicherungsnehmer jederzeit Abschriften über die Erklärungen zu erteilen, "die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat". Daraus resultiert, dass der Versicherer im Streitfall verpflichtet ist, Abschriften der Antragsunterlagen ebenso zu übersenden wie ein Exemplar der AVB, die Gegenstand des Versicherungsvertrages sind. Der Versicherungsschein ist eine Beweisurkunde über den zustande gekommenen Vertrag.[1]

[1] BGH, NJW-RR 2012, 723, 724; Prölss/Martin/Rudy, § 3 VVG Rn 2 m.w.N.

C. Zustandekommen des Vertrages (§ 151 BGB)

 

Rz. 3

Der Versicherungsvertrag kommt mit Angebot und Annahme zustande. Die Annahme des Antrages kann auch durch Übersendung des Versicherungsscheins erfolgen.

 

Rz. 4

Bei Divergenz zwischen Antrag und Police schadet eine Abweichung zugunsten des Versicherungsnehmers nicht (§ 5 Abs. 1 VVG). Eine Abweichung zum Nachteil des Versicherungsnehmers ist nur wirksam vereinbart, wenn ein auffälliger Hinweis auf diese Abweichung erfolgt (§ 5 Abs. 2 VVG). Der Versicherer muss den Zugang des Versicherungsscheins und des von dem Antrag abweichenden Zusatzes beweisen.[2]

[2] BGH, VersR 1991, 910; Prölss/Martin/Rudy, § 5 VVG Rn 21.

D. Beratungspflichten (§ 6 VVG)

 

Rz. 5

§ 6 VVG verpflichtet den Versicherer, den Versicherungsnehmer zu beraten, wenn hierfür aufgrund der konkreten Umstände ein Anlass besteht.

 

Rz. 6

Nach § 6 Abs. 2 VVG hat der Versicherer den erteilten Rat und die Gründe hierfür zu dokumentieren und dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages in Textform zu übermitteln.

 

Rz. 7

Gemäß § 6 Abs. 3 VVG kann der Versicherungsnehmer auf die Beratung und Dokumentation "durch gesonderte schriftliche Erklärung verzichten".

E. Informationspflichten (§ 7 VVG)

 

Rz. 8

Nach § 7 Abs. 1 VVG müssen die für den Vertragsschluss erforderlichen Informationen sowie die Vertragsbestimmungen dem Versicherungsnehmer "rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung" übermittelt werden.

 

Rz. 9

§ 7 Abs. 1 S. 3 VVG sieht vor, dass der Versicherungsnehmer "durch eine gesonderte schriftliche Erklärung auf eine Information vor Abgabe seiner Vertragserklärung ausdrücklich verzichtet". Der Verzicht muss schriftlich erfolgen, Textform genügt nicht.

F. Dauer des Versicherungsvertrages

 

Rz. 10

Die formelle Vertragsdauer beginnt mit dem wirksamen Abschluss des Versicherungsvertrages (§ 151 BGB), die materielle Vertragsdauer in der Regel erst nach Zahlung der Erstprämie, die technische Vertragsdauer kann von der formellen Dauer abweichen, wenn eine Rückdatierung oder Vordatierung vorgenommen wird.

G. Beteiligte

 

Rz. 11

Versicherer und Versicherungsnehmer sind die Vertragsparteien, es können aber auch Dritte in Rechte und Pflichten des Vertrages einbezogen werden.

 

Rz. 12

Bei der Versicherung für fremde Rechnung (§ 43 VVG) handelt es sich um einen Vertrag zugunsten eines Dritten (§ 328 BGB). Der Versicherungsnehmer bleibt Vertragspartner und damit Prämienschuldner. Die in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages einbezogenen Dritte sind Versicherte, die zwar einen Leistungsanspruch gegen den Versicherer gemäß § 44 Abs. 1 VVG haben; sie können über die Rechte aus dem Vertrag jedoch nur verfügen, wenn sie den Versicherungsschein oder die Zustimmung des Versicherungsnehmers haben (§ 44 Abs. 2 VVG).

 

Rz. 13

Begünstigte sind diejenigen, die durch vertragliche Vereinbarung in den Genuss der Versicherungssumme gelangen sollen, wie beispielsweise in der Lebens- und Unfallversicherung.

H. Vorläufige Deckungszusage (§§ 49 ff. VVG)

 

Rz. 14

Die vorläufige Deckungszusage ist ein Vertrag eigener Art, der auch mündlich geschlossen werden kann. Die vorläufige Deckungszusage ist von einem bisherigen oder zukünftigen Versicherungsverhältnis unabhängig.

 

Rz. 15

Der Versicherungsnehmer ist für das Zustandekommen und den Inhalt der vorläufigen Deckungszusage beweispflichtig.[3]

 

Rz. 16

Die vorläufige Deckung endet,

wenn der beabsichtigte endgültige Vertrag zustande kommt (§ 52 Abs. 1 S. 1 VVG),
wenn der Versicherungsnehmer den Hauptvertrag oder einen weiteren Vertrag über die vorläufige Deckung mit einem anderen Versicherer schließt (§ 52 Abs. 2 VVG),

wenn die zeitliche Befristung der vorläufigen Deckungszusage abgelaufen ist.

[3] OLG Saarbrücken, NJW-RR 2006, 1104 = zfs 2006, 514; Prölss/Martin/Klimke, vor § 49 VVG Rn 17; Römer/Langheid/Rixecker, § 49 VVG Rn 14.

I. Rückwärtsversicherung (§ 2 VVG)

 

Rz. 17

Grundsätzlich ist die Versicherung bereits eingetretener Schäden nicht zulässig, da dies dem Grundge...

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