Rz. 23

Muster 3.5: Einstellungsantrag beim Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort

 

Muster 3.5: Einstellungsantrag beim Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort

_________________________ (Staatsanwaltschaft)

_________________________ (Anschrift)

Per Telefax: _________________________

In dem Ermittlungsverfahren gegen

_________________________ (Mandant)

Aktenzeichen: _________________________

danke ich für die gewährte Akteneinsicht und die Gelegenheit zur Stellungnahme.

Unter Bezugnahme auf die Bildanlage der Akten wird der mutmaßliche Schaden dem Grund und der Höhe nach bestritten. Bei dem Fahrzeug des Anzeigeerstatters handelt es sich um ein älteres Modell (Erstzulassung: _________________________). Die zu den Akten genommene Reparaturkostenkalkulation ist erst zwölf Tage nach dem vermeintlichen Schadensereignis erstellt worden. Insoweit ist bereits fraglich, ob der geltend gemachte Schaden überhaupt durch das Fahrzeug der Mandantschaft verursacht worden sein kann. Jedenfalls stimmen die polizeilich festgehaltenen Lackabriebspuren in ihren Beschädigungshöhen nicht überein, sondern divergieren um mehrere Zentimeter.1

Die vorgelegte Reparaturkostenkalkulation ist übersetzt, denn ausweislich der Bildanlage handelt es sich allenfalls um einen oberflächigen Lackabrieb, der mit Hilfe der Smart-Repair-Methode u.a. zu einem Kostenaufwand in Höhe von allenfalls 300,00 EUR zu beheben sein dürfte.2

Zudem weist das Fahrzeug des Anzeigeerstatters im behaupteten Schadensbereich einen Vorschaden auf. Dies dürfte angesichts des fortgeschrittenen Fahrzeugalters mit einer Laufleistung von _________________________ und der angespannten Parkplatzsituation in den Großstädten auch nicht verwunderlich sein.

Vorsorglich wird die Bemerkbarkeit des vom Anzeigeerstatters behaupteten Schadens durch meinen Mandanten bestritten. Unter Berücksichtigung der angespannten Parkraumsituation in Großstädten insbesondere im Rahmen eines Ein- bzw. Ausparkmanövers sind erhöhte Anforderungen an das Vorstellungsbild des Fahrzeugführers vom Umfang eines möglichen Fremdschadens zu stellen.3

Der Mandant ist seit nahezu _________________________ Jahren in Besitz der Fahrerlaubnis und bislang noch nicht strafrechtlich oder bußgeldrechtlich in Erscheinung getreten.

Alles in allem beantrage ich höflich,

das Verfahren gegen den Mandanten einzustellen.

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 24

Erläuterungen der Fußnoten in Muster 3.5

Fußnote 1

Wenn der Verkehrsunfall keiner ist: Wie Betrüger mit Hilfe der Fahrerfluchtmasche und dem Ermittlungsdruck der Strafverfolgungsbehörden auf unbescholtene Bürger kleine und größere Beträge von deren Kfz-Haftpflichtversicherern erschleichen, thematisierte unter anderem Die Welt mit dem Artikel vom 31.10.2009 "Die Masche mit der Fahrerflucht", nachzulesen unter www.welt.de/welt_print/motor/article5034977/Die-Masche-mit-der-Fahrerflucht.html.

 

Rz. 25

Fußnote 2

Die Feststellung eines bedeutenden Fremdschadens spielt beim Tatbestand des § 142 StGB aufgrund des drohenden (vorläufigen) Fahrerlaubnisentzugs (§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB) eine wesentliche Rolle. Nachdem die Wertgrenze in der obergerichtlichen Rechtsprechung seit 2002 jahrelang nahezu unverändert bei rund 1.300 EUR gelegen hat (vgl. z.B. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg Beschl. v. 27.7.2018 – 2 Rev 50/18 – 1 Ss 91/18, juris), sind seit einiger Zeit Tendenzen zu erkennen, die Grenze deutlich höher zu ziehen (OLG Stuttgart Urt. v. 27.4.2018 – 2 Rv 33 Ss 959/17; AG Stuttgart Urt. v. 8.8.2017 – 203 Cs 66 Js 36037/17: 1.600 EUR; LG Dresden Beschl. v. 7.5.2019 – 3 Qs 29/19, juris; LG Wuppertal, Beschl. v. 26.10.2017 – 25 Qs 34/17, juris; LG Offenburg Beschl. v. 19.6.2017 – 3 Qs 21/17, DV 2018, 85; LG Braunschweig Beschl. v. 3.6.2016 – 8 Qs 113/16, zfs 2016, 591; AG Tiergarten Beschl. v. 15.5.2015 – 288 Gs 48/15, zfs 2015, 589: 1.500 EUR; siehe auch Himmelreich/Krumm/Staub, Verkehrsunfallflucht, Rn 411 m.w.N.). Im Hinblick auf die allgemeinen Preissteigerungen und insbesondere die bei Pkws erheblich gestiegenen Reparatur- und Instandhaltungskosten ist eine Anhebung der Grenze für einen bedeutenden Fremdschaden zu befürworten.

Auch unter Hinweis auf die bei den Konstruktionen der neueren Fahrzeuggenerationen nicht immer oder insgesamt nach außen sichtbaren Schadensbildern, hat das Landgericht Landshut bereits im Jahr 2012 die Grenze zum bedeutenden Schaden auf ca. 2.500 EUR angehoben (LG Landshut Beschl. v. 24.9.2012 – 6 Qs 242/12, StRR 2013, 116). Dem hat sich nun zum Beispiel auch das Landgericht Nürnberg-Fürth (LG Nürnberg-Fürth Beschl. v. 12.11.2018 – 5 Qs 73/18, juris) in fortlaufender Rechtsprechung mit folgender Begründung angeschlossen: ""Ein bedeutender Fremdschaden liegt ab einem Betrag von 2.500 EUR netto vor (vgl. z.B. die Beschlüsse der Kammer vom 10.4.2008 – Az. 5 Qs 23/18 und vom 5.11.2018, Az. 5 Qs 69/18). Die Kammer hat die Änderung von § 44 Abs. 1 StPO und damit die seit dem 24.8.2017 geschaffene Möglichkeit der Verhängung von Fahrverboten von bis zu sechs Monaten anstelle von...

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