Rz. 248

Die Trennung der Ehegatten hat noch keine unmittelbaren automatischen Konsequenzen für das Ehegattenerbrecht bzw. die gewillkürte Erbfolge!

 

Praxistipp:

Vermutlich will der Mandant diese erbrechtlichen Konsequenzen ändern. Dann muss umgehend gehandelt werden!
Der beratende Anwalt sollte daher bereits bei der Trennungsberatung zumindest die erbrechtliche Problematik generell ansprechen und diese Hinweise auch dokumentieren oder bestätigen lassen, um im Fall späterer unvorhergesehener Entwicklungen die bestmögliche Beratungsaktivität nachweisen zu können.

Die Rechtsfolge der gesetzlichen Erbfolge kann der Erblasser verhindern, indem er den Ehegatten durch Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt (§ 1938 BGB). Hierzu muss kein neuer Erbe eingesetzt werden (sog. Negativtestament).

Der Ehegatte wird damit de facto auf den Pflichtteil gesetzt, kann also nach § 2303 BGB den Pflichtteil fordern, es sei denn, der Erblasser hat ihm auch den Pflichtteil entzogen. Dies richtet sich nach den §§ 2333, 2336, 2337 BGB.

Ist ein Testament vorhanden, hilft nur dessen Widerruf (§§ 2253 ff. BGB). Haben die Ehepartner ein gemeinschaftliches Testament (sog. Berliner Testament) begründet, kann dieses unter den Voraussetzungen der §§ 2271, 2296 Abs. 2 BGB widerrufen werden. Dazu ist es erforderlich, den Rücktritt gem. § 2296 BGB zu erklären, wobei diese Erklärung gem. § 2296 Abs. 2 BGB durch notarielle Beurkundung erfolgen muss. Da die Rücktrittserklärung eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, müssen Urschrift oder Ausfertigung der notariellen Urkunde dem anderen Teil zugehen (§ 130 BGB). Ohne Beachtung dieser Formalien ist der Widerruf nicht wirksam.

 

Praxistipp:

Beachten Sie auch die Auswirkungen erbrechtlicher Veränderungen auf die Kinder!
Klären Sie, ob ein Testament oder ein Erbvertrag existiert. Beachten Sie, dass viele Leute mehrere Testamente machen, die sich u.U. widersprechen. Versuchen Sie, sich Klarheit über den Inhalt der Dokumente zu verschaffen.
 

Rz. 249

Die Prüfung des § 1938 BGB kann sich an folgender Checkliste orientieren:[371]

 
(1)

Liegt eine wirksame Verfügung von Todes wegen vor?

(a) In Betracht kommen das Testament oder der Erbvertrag.
(b) Ist die Verfügung von Todes wegen wirksam?
(2)

Enthält die Verfügung von Todes wegen eine Enterbung?

(a) Ist diese ausdrücklich angeordnet worden?
(b) Wenn nein: Kann eine konkludente Enterbung angenommen werden (Auslegungsfrage)?
(3)

Rechtsfolgen:

(a) Handelt es sich bei demjenigen, der enterbt werden soll, um den Ehegatten, Lebenspartner oder einen Verwandten, wird er von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen.
(b) Soll die Enterbung auch die Abkömmlinge des Enterbten erfassen (Auslegungsfrage)?
(c) Soll sich die Enterbung auf die Entziehung des gesetzlichen Erbrechts beschränken oder wollte der Erblasser dem Betroffenen zugleich auch den Pflichtteil entziehen (Auslegungsfrage)?
[371] Nach M. Schmidt, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1938 BGB Rn 15.

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