Rz. 67

Nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts standen der Klägerin die Ansprüche nicht zu, die sie unter Berufung auf § 1542 RVO aus der Verletzung ihres Mitgliedes Christine K. herleitete.

 

Rz. 68

Wie der Senat in BGHZ 41, 79 und im Urt. v. 9.1.1968 (VI ZR 44/66 = VersR 1968, 248 = NJW 1968, 649) befunden hat, sind die Rückgriffsrechte der Sozialversicherungsträger (SVT) gegen Familienangehörige der Versicherten eingeschränkt. Zwar enthält § 1542 RVO keine dem für die private Schadensversicherung geltenden § 67 Abs. 2 VVG entsprechende Bestimmung, die den Übergang der Ersatzforderung des Versicherungsnehmers aus fahrlässiger Schädigung ausdrücklich ausschließt, wenn der Anspruchsgegner ein mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebender Familienangehöriger ist. Angesichts des sozialen Schutzzwecks der öffentlichen Versicherungsleistung müssen aber für die SVT erst recht diese Schranken gelten, die sich aus der Rücksicht auf die Familienbelange ihrer Mitglieder ergeben. Der Forderungsübergang nach § 1542 RVO ist deshalb bei fahrlässigen Schädigungen durch Familienangehörige, die mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft leben, entsprechend der Regelung des § 67 Abs. 2 VVG ausgeschlossen.

 

Rz. 69

Der erkennende Senat hatte bis dato nicht darüber befunden, ob der SVT, dem in entsprechender Anwendung des § 67 Abs. 2 VVG der Rückgriff auf den familienangehörigen Schädiger verwehrt ist, einer entsprechenden Einschränkung auch hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs gegen einen außerhalb des Versicherungsverhältnisses stehenden Zweitschädiger wie hier den Zweitbeklagten unterworfen ist. Diese Frage ist zu bejahen, wenn und soweit die Geltendmachung dieses Anspruchs zu einem Ausgleichsanspruch des Zweitschädigers gegen den Familienangehörigen Erstschädiger führen würde, der mit dem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebte.

 

Rz. 70

Geht man davon aus, dass dem Zweitschädiger, der an den SVT geleistet hat, der sich aus dem Gesetz ergebende Ausgleichsanspruch gegen den mitverantwortlichen familienangehörigen Schädiger im Grundsatz nicht verschlossen ist, so hätte das zur Folge, dass der Zweitschädiger, bei dem der SVT nach § 1542 RVO in uneingeschränktem Umfang Rückgriff nimmt, von dem familienangehörigen Mitschädiger entsprechend dem beiderseitigen Unfallbeitrag Ausgleichung verlangen könnte. Der SVT, dem mit Rücksicht auf den sozialen Schutzzweck seiner Versicherungsleistung die Rückgriffsmöglichkeit gegen den Familienangehörigen des Verletzten (= Erstschädiger) genommen ist, würde so durch den uneingeschränkten Rückgriff bei dem Zweitschädiger auf einem Umweg das gleiche Ergebnis herbeiführen, das durch die Einschränkung des Forderungsübergangs entsprechend § 67 Abs. 2 VVG vermieden werden soll. Der Sinn dieser Einschränkung erheischt in solchen Fällen, dass der SVT die Ansprüche des Verletzten gegen den Zweitschädiger insoweit nicht geltend machen kann, als der Zweitschädiger von dem Familienangehörigen des Verletzten Ausgleich verlangen könnte; der SVT ist also beschränkt auf die Geltendmachung des Betrages, der entsprechend dem Unfallbeitrag des Zweitschädigers aufgrund des Ausgleichsverhältnisses endgültig auf diesen entfällt.

 

Rz. 71

Die Frage des Rückgriffsanspruchs des SVT gegen den Zweitschädiger ist im Ergebnis auch dann nicht anders zu beantworten, wenn man – wie die Revision unter Hinweis auf das zu § 636 RVO ergangene Urteil des erkennenden Senats vom 10.1.1967 (VI ZR 77/65 = LM BGB § 426 Nr. 27 = VersR 1967, 250) meinte – einen Ausgleichsanspruch des vom SVT in Anspruch genommenen Zweitschädigers gegen den familienangehörigen Erstschädiger bereits im Grundsatz verneinen wollte. Der Zweitschädiger steht außerhalb des Sozialversicherungsverhältnisses; für ihn gelten nicht die sozialen Bindungen, denen der Versicherungsträger unterliegt. Es besteht deshalb kein sachlicher Grund, die Begünstigung des familienangehörigen Erstschädigers im Ergebnis zu Lasten des Zweitschädigers ausschlagen zu lassen. Wie in der Entscheidung BGHZ 51, 37, 40 (vgl. auch das Urteil des erkennenden Senats vom 9.6.1970 – VI ZR 311/67 = BGHZ 54, 177 = NJW 1970, 1546) ausgeführt, wäre es vielmehr auch bei Verneinung eines Ausgleichsanspruchs gerechtfertigt und geboten, dass der SVT von dem Zweitschädiger nur so viel beanspruchen könnte, wie im Innenverhältnis zwischen dem Familienangehörigen des Verletzten (= Erstschädiger) und dem Zweitschädiger auf diesen entfiele, wenn der Familienangehörige nicht begünstigt wäre. Aus diesen Gründen geht es nicht an, den gebotenen Schutz auf dem Rücken des Zweitschädigers dadurch zu gewährleisten, dass man einen Rückgriff des SVT gegen den Zweitschädiger (= Beklagten) unbeschränkt zulässt, diesem aber einen Ausgleich gegen den familienangehörigen Erstschädiger (= Peter K.) verwehrt.

 

Rz. 72

In welchem Zeitpunkt die häusliche Gemeinschaft im Sinne des § 67 Abs. 2 VVG zwischen dem Verletzten und dem Schädiger vorgelegen haben muss, ist umstritten. Überwiegend wird au...

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