Rz. 139

 

Zum Thema

Burmann/Jahnke "Lohnfortzahlung und Regress des Arbeitgebers bei nicht bewiesener Verletzung des Arbeitnehmers" NZV 2013, 313; Burmann/Jahnke "(Kein) Ersatz von mittelbaren Schäden im Haftpflichtfall" NZV 2012, 11; Jahnke "Mittelbare Betroffenheit und Schadensersatzanspruch" r+s 2003, 89; Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 1 Rn 18 ff.; Pardey, 4. Aufl. 2010, Rn 372 ff., Wussow-Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 43 Rn 1 ff.

Hinweis

Siehe ergänzend spätere Ausführungen (vgl. Rn 180 ff.; § 5 Rn 173 ff.).

 

Rz. 140

Infolge eines Haftpflichtgeschehens erwachsen nicht nur den unmittelbar am Unfall beteiligten Personen Schäden und Aufwendungen; auch Dritte können durchaus wirtschaftliche Einbußen erleiden.

 

Rz. 141

Bei der Abwicklung von Personenschäden wird nicht immer im Auge behalten, dass unser Rechtssystem nur Schäden des unmittelbar Betroffenen für ersatzfähig erachtet. Dessen Anspruch kann zwar im Wege der gesetzlichen und/oder privaten Rechtsnachfolge auf die mittelbar Betroffenen oder andere Dritte übergehen (insbesondere siehe § 4 Rn 323 ff.), inhaltlich bleibt es aber unverändert derjenige Anspruch, wie er in der Person des unmittelbar Verletzten entstanden ist. Das gilt auch für die Darlegungs- und Beweislast zum Grund der Haftung und zur Höhe des Anspruches (einschließlich der Grundsätze zur sekundären Behauptungs- und Beweislast, siehe § 2 Rn 124 ff.).

 

Rz. 142

Wegen weiterer Einzelfragen wird auf die späteren Ausführungen verwiesen (siehe Rn 175 ff., 180).

1. Personenkreise

a) Allgemein

 

Rz. 143

Abzugrenzen von den schadenersatzberechtigten – in ihren Rechten unmittelbar betroffenen – Verletzten und unfallkausal Verstorbenen sind die lediglich mittelbar Geschädigten. Während den unmittelbar beteiligten Personen das Schadenersatzrecht ein großes Spektrum ersatzfähiger Schadenpositionen zubilligt, gilt dieses für die am Haftpflichtgeschehen ("Unfall") nicht unmittelbar Beteiligten nur in engen Grenzen.

 

Rz. 144

Mittelbar beeinträchtigten Personen,[192] die zwar weder körperlich verletzt noch in Sachen geschädigt worden sind, die aber doch eine Vermögenseinbuße anlässlich des Haftpflichtgeschehens erlitten haben, gibt (mit Ausnahme bestimmter Fälle, z.B. §§ 844, 845 BGB) das Recht der unerlaubten Handlung keine eigenen Ersatzansprüche.[193] Ihre Forderungsberechtigung beschränkt sich auf die gesetzlich oder durch Abtretung vom zunächst Anspruchsberechtigten übergegangenen Ansprüche.

[192] BGH v. 5.2.1985 – VI ZR 198/83 – BGHZ 93, 351 = DAR 1985, 217 = FamRZ 1985, 464 = JA 1985, 473 (Anm. Breemhaar-Schwefer) = JR 1985, 461 = JuS 1985, 727 = JZ 1985, 538 = MDR 1985, 563 = MedR 1985, 275 (Anm. Dunz MedR 1985, 269) = NJW 1985, 1390 = r+s 1985, 110 = VersR 1985, 499 = VRS 68, 414 = zfs 1985, 196 (nur Ls.) (Verletzung der Leibesfrucht durch Angriff auf die Psyche der Schwangeren); OLG Köln v. 13.1.1993 – 11 U 224/92 – VersR 1994, 356 (Ausfall der Arbeitskraft des Verletzten beim Hausbau eines Dritten).
[193] BGH v. 22.6.2004 – VI ZR 112/03 – FamRZ 2004, 1543 = MDR 2004, 1355 = NJW 2004, 2894 = NZV 2004, 513 = r+s 2004, 434 = SP 2004, 368 = VersR 2004, 1192 = zfs 2004, 553 (Anm. Diehl), BGH v. 21.11.2000 – VI ZR 231/99 – BGHReport 2001, 123 = DAR 2001, 159 = JA 2001, 619 (nur Ls.) (Anm. Schöpflin) = MDR 2001, 389 = NJW 2001, 971 = r+s 2001, 245 = VersR 2001, 648; OLG Koblenz v. 18.6.2001 – 12 U 814/00 – PVR 2003, 25.

b) Eigener Rechtskreis

 

Rz. 145

Mittelbar Verletzten stehen nur unter den Aspekten der §§ 844, 845 BGB (bzw. den entsprechenden Regelungen in den haftpflichtrechtlichen Spezialgesetzen) Ansprüche zu. Soweit diese Vorschriften den Anspruch nicht begründen, können die Geschädigten ihre wirtschaftlichen Einbußen nicht beim Unfallverursacher einfordern, selbst wenn der Schädiger eines zu Tode Gekommenen dadurch begünstigt erscheint.[194]

[194] OLG Hamm v. 29.10.2002 – 9 U 64/02 – zfs 2003, 593 (Anm. Diehl) (BGH hat Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, Beschl. v. 30.9.2003 – VI ZR 27/03 –).

c) Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung

 

Rz. 146

Das Schadensersatzrecht bei Tötung ist – da es um Ersatz mittelbarer Schäden geht – einer Ausweitung durch die Rechtsprechung weitgehend nicht zugänglich.[195] Art. 20 II 2, III GG (Gewaltenteilung) setzt der Rechtsprechung Grenzen.

 

Rz. 147

Die in den §§ 844, 845 BGB (und den entsprechenden Regeln in den speziellen Haftungsgesetzen) normierten Bestimmungen können weder auf andere Drittgeschädigte noch auf andere als die dort genannten Schäden ausgedehnt werden.[196] Die Entscheidung des Gesetzgebers bei fahrlässig begangenen unerlaubten Handlungen die Ersatzpflicht von einer Rechts- bzw. Rechtsgutverletzung (§ 823 I BGB) oder einer Schutzgesetzverletzung (§ 823 II BGB) abhängig zu machen, dient vor allem dem Ziel den Kreis der Ersatzberechtigten auf die Inhaber des Rechts bzw. Rechtsgutes und die unter dem Schutzzweck der verletzten Norm Stehenden zu beschränken.[197]

[195] BGH v. 25.4.2006 – VI ZR 114/05 – (Berichtigungsbeschluss v. 20.6.2006 – VI ZR 114/05 –) BGHReport 2006, 1171 = DAR 2007, 22 (nur Ls.) = FamRZ 2006, 1108...

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