Rz. 194

Es ist zu unterscheiden zwischen schadensrechtlich zu ersetzenden Vermögensschäden und vom Schadenersatzrecht nicht umfasster vermehrter Zuwendung der nächsten Angehörigen zu einem Kind.[256] Der Betreuungsaufwand durch Eltern ist kein kommerzialisierbarer Schaden, der in Geld bemessen werden kann.[257]

 

Rz. 195

Werden Hilfeleistungen im Rahmen der täglichen Familienbetreuung abgedeckt und sind sie nicht auf Dauer ausgerichtet, ist der Zeitaufwand von Familienangehörigen für vermehrte Zuwendung bei Verletzung eines Kindes – anders als der Betreuungsaufwand – nicht zu ersetzen. Diese Art von Zuwendung ist rein immaterieller Natur.[258]

 

Rz. 196

Betreuungsleistungen müssen sich, sollen sie erstattungsfähig sein, deutlich vom selbstverständlichen, ursprünglichen Aufgabengebiet der Eltern abheben.[259] Ersatzfähig ist nur der zusätzliche (d.h. erhöhte) Aufwand, die normale Kindesbetreuung aber nicht.[260] Ein Bestreben der Eltern, die Hilfsbedürftigkeit eines geistig oder körperlich behinderten Kindes durch besonders liebevolle Zuwendung und Aufmerksamkeit auszugleichen, bleibt als immaterieller Aufwand bei der ersatzrechtlichen Bewertung außer Betracht.[261]

 

Rz. 197

Der Verlust an Freizeit, mit dem Eltern anlässlich der Begleitung ihrer verletzten Kinder zu medizinischen Behandlungen belastet sind, stellt allenfalls einen reinen Vermögensschaden (m.E. eher immateriellen Schaden) dar und ist daher nicht zu ersetzen.[262] Nicht zu verwechseln ist der Freizeitverlust allerdings mit dem durch Eltern erfüllten Betreuungs- und Pflegeanspruch des Kindes.

[256] Vgl. BGH v. 8.6.1999 – VI ZR 244/98 – NJW 1999, 2819 = r+s 1999, 415 = VersR 1999, 1156 (Baby-Bottle-Syndrom).
[257] OLG Frankfurt v. 15.10.2003 – 23 U 3/97 – OLGR 2004, 191 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 11.5.2004 – VI ZR 326/03 –) (Baby-Bottle-Syndrom durch Dauernuckeln von gesüßtem Tee); OLG Frankfurt v. 11.3.1998 – 23 U 55/97 – OLGR 1999, 6.
[258] BGH v. 22.11.1988 – VI ZR 126/88 – MDR 1989, 343 = VersR 1989, 188; KG v. 17.10.2005 – 12 U 173/02 – VersR 2006, 799 (nur Ls.).
[259] BGH v. 8.6.1999 – VI ZR 244/98 – NJW 1999, 2819 = r+s 1999, 415 = VersR 1999, 1156; KG v. 17.10.2005 – 12 U 173/02 – VersR 2006, 799 (nur Ls.); OLG Frankfurt v. 22.3.2000 – 19 U 68/99 – VersR 2001, 1572 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 20.3.2001 – VI ZR 205/00 –); OLG Hamm v. 25.9.2002 – 13 U 62/02 – DAR 2003, 118.
[260] OLG Frankfurt v. 22.3.2000 – 19 U 68/99 – VersR 2001, 1572 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 20.3.2001 – VI ZR 205/00 –).
[261] OLG Düsseldorf v. 1.3.2001 – 8 U 106/00 – VersR 2002, 858 (nur Ls.) (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 30.10.2001 – VI ZR 133/01 –).
[262] OLG Frankfurt v. 21.5.1999 – 24 U 150/97 – VersR 2000, 607 (Einbußen an Freizeit, die Eltern eines gesundheitlich schwer geschädigten Kindes wegen dessen Betreuung haben, können den Schmerzensgeldanspruch des Kindes erhöhen); Jahnke/Thinesse-Wiehofsky, § 3 Rn 52.

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