Rz. 46

Eine Feststellungsklage ist nach § 256 ZPO nur zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (sog. Feststellungsinteresse) besteht. Das Feststellungsinteresse muss als Prozessvoraussetzung grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen.[40] Die später gewonnene Erkenntnis, dass Folgeschäden nicht mehr zu gewärtigen sind, führt nicht zur rückwirkenden Unzulässigkeit der Feststellungsklage.[41]

 

Rz. 47

Die Klage auf Feststellung der Haftung für weitere (auch immaterielle[42]) Unfallschäden ist zulässig, wenn aus der Sicht des Verletzten bei verständiger Würdigung Grund besteht, mit Spätfolgen zu rechnen und um derentwillen einer Verjährungseinrede vorzubeugen.[43]

 

Rz. 48

Selbst wenn man für die Zulässigkeit der Feststellungsklage die bloße Möglichkeit eines durch Pflichtverletzung verursachten Schadenseintritts genügen lassen wollte,[44] ist die Zulässigkeit der Klage zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines künftigen Schadens "wenigstens zu rechnen".[45]

 

Rz. 49

Wurde zur Regulierung eines Unfallschadens ein gerichtlicher Vergleich zwischen Schädiger bzw. seinem Versicherer und Geschädigtem geschlossen, in dem eine Haftung anerkannt und eine Haftungsquote vereinbart wurde, kann ein Streit über die mögliche Verjährung der Ansprüche mangels Feststellungsinteresse nicht im Wege der Feststellungsklage ausgetragen werden.[46]

 

Rz. 50

Die Wahrscheinlichkeit der Schadensentstehung ist eine Frage der Klagebegründetheit.[47]

 

Rz. 51

Das Feststellungsinteresse ist auch dann gegeben, wenn der Geschädigte "vorerst" nur einen Haftungsanteil geltend macht.[48] Siehe zur Teilklage Rdn 19 ff.

 

Rz. 52

Das Interesse fehlt hingegen, wenn eine bessere Rechtsschutzmöglichkeit besteht oder der Ersatzpflichtige adäquate außerprozessuale Erklärungen abgegeben hat (siehe § 2 Rdn 935, 938).

 

Rz. 53

Bei einem Wechsel in der Zuständigkeit des SVT erwirbt der neue (spätere) Leistungsträger bei gleichartigen Leistungen den gemäß § 116 SGB X übergegangenen Ersatzanspruch im Wege der Rechtsnachfolge wie bei einer Zession nach §§ 398 ff., 412 BGB.[49] Mit dem Wechsel eines SVT entfällt auch das Feststellungsinteresse hinsichtlich der nach dem Wechsel entstehenden Ansprüche.[50] Es fehlt hinsichtlich der nach dem Wechsel entstehenden Aufwendungen an einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis.[51] Erfolgt der Wechsel nach Rechtshängigkeit, kann die klagende Rechtsvorgängerin des nunmehr zuständigen SVT den Anspruch weiterhin geltend machen (§§ 265, 325 BGB), muss aber den Antrag auf Leistung an den Rechtsnachfolger umstellen.[52]

 

Rz. 54

Neben dem Antrag auf allgemeine Feststellung der Schadenersatzverpflichtung kann ein rechtlich anzuerkennendes Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) für einen parallelen Feststellungsantrag, gerichtet auf Ersatz einer speziellen Schadenposition, bestehen.[53]

[40] BGH v. 8.7.1955 – I ZR 201/53 – BGHZ 18, 98 = NJW 1955, 1513 = WM 1955, 1286; OLG Düsseldorf v. 5.2.1999 – 22 U 178/98 – VersR 2001, 382; OLG Hamm v. 16.2.2000 – 13 U 191/99 – SP 2000, 375 = VersR 2000, 992 unter Hinweis auf BGHZ 18, 98.
[41] BGH v. 11.5.1993 – VI ZR 243/92 – DAR 1993, 292 = NJW 1993, 2382 = NZV 1993, 346 = VersR 1993, 899; BGH v. 25.1.1972 – VI ZR 20/71 – VersR 1972, 459.
[42] Zu den (geringen) Anforderungen siehe BGH v. 15.7.1997 – VI ZR 184/96 – NJW 1998, 160 = NZV 1997, 476 = zfs 1997, 450.
[43] BGH v. 16.1.2001 – VI ZR 381/99 – BB 2001, 543 (nur Ls.) = DAR 2001, 155 = MDR 2001, 448 = NJW 2001, 1431 = NZV 2001, 167 = SP 2001, 142 = VersR 2001, 874 = zfs 2001, 305; OLG Düsseldorf v. 23.7.1999 – 22 U 27/99 – VersR 2001, 250 (nur Ls.) (Kein Feststellungsinteresse bei seit 1 ½ Jahren abgeschlossenem unkompliziertem Unterschenkelbruch, wenn nach fachärztlicher Beurteilung ein Folgeschaden nur noch theoretischer Natur ist); LG Flensburg v. 10.9.1999 – 7 S 41/99 – SP 2000, 159 (Allein die Qualifizierung "schwere Verletzung" reicht nicht aus, von einer Wahrscheinlichkeit für den Eintritt künftiger Schäden auszugehen.).
[44] Siehe BGH v. 9.1.2007 – VI ZR 133/06 – BGHReport 2007, 413 = DAR 2007, 390 (nur Ls.) = MDR 2007, 792 = NJW-RR 2007, 601 = NJW-Spezial 2007, 160 = NZV 2007, 237 (nur Ls.) = r+s 2007, 350 = TranspR 2007, 172 = VersR 2007, 708 = VRS 112, 442 (Rn 5); BGH v. 20.3.2001 – VI ZR 325/99 – DAR 2001, 356 = MDR 2001, 764 = NJW 2001, 3414 = r+s 2002, 86 = VersR 2001, 876(zu II 3); BGH v. 16.1.2001 – VI ZR 381/99 – BB 2001, 543 (nur Ls.) = DAR 2001, 155 = MDR 2001, 448 = NJW 2001, 1431 = NZV 2001, 167 = SP 2001, 142 = VersR 2001, 874 = zfs 2001, 305 (zu II 2).
[45] BGH v. 2.4.2014 – VIII ZR 19/13 – MDR 2014, 796 = NJW-RR 2014, 840 = NZM 2014, 511 = VersR 2015, 770 = WM 2014, 1785; BGH v. 9.1.2007 – VI ZR 133/06 – BGHReport 2007, 413 = DAR 2007, 390 (nur Ls.) = MDR 2007, 792 = NJW-RR 2007, 601 = NJW-Spezial 2007, 160 = NZV 2007, 237 (nur Ls.) = r+s 2007, 350 = TranspR 2007, 172 = VersR 2007, 708 = VRS 112, 442 m.w.N.; BGH v. 16.1.2001 – V...

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