Rz. 46
Außerhalb des Geltungsbereichs des § 102 Abs. 5 BetrVG kann der sog. allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch auf Grundlage der vom Großen Senat des BAG in seiner Entscheidung vom 27.2.1985 aufgestellten Grundsätze bestehen.[111] Danach muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Erlass eines die Kündigung für unwirksam erklärenden Urteils grds. nicht weiterbeschäftigen, also bei der fristlosen Kündigung nach deren Zugang und bei der ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist. Wenn aber ein Arbeits- oder Landesarbeitsgericht durch Urteil die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt hat, besteht i.d.R. ein materieller Weiterbeschäftigungsanspruch. Schon vor einem Urteil im Kündigungsschutzprozess kann der Arbeitnehmer Weiterbeschäftigung verlangen, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist[112] oder ein besonderes Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers besteht.[113] Wird der Kündigungsschutzklage stattgegeben, kann der Arbeitgeber den Weiterbeschäftigungsanspruch abwehren, wenn er zusätzliche, über die Ungewissheit des Prozessausgangs hinausgehende Umstände vorträgt, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse für ihn ergibt, den Arbeitnehmer nicht mehr zu beschäftigen.[114] In Betracht kommen hier Gründe, die den Arbeitgeber auch im bestehenden Arbeitsverhältnis zur Freistellung des Arbeitnehmers berechtigen würden.[115] Eine weitere ausgesprochene Kündigung beendet den Weiterbeschäftigungsanspruch, wenn sie zu einer Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führt. Allerdings bleibt der Weiterbeschäftigungsanspruch bestehen, falls die weitere Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch ist regelmäßig mit einem unechten Hilfsantrag zu verfolgen (Rdn 38).
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