Rz. 99

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe darf nicht mutwillig erscheinen (§ 114 ZPO). Von einer Mutwilligkeit kann ausgegangen werden, wenn die Rechtsverfolgung mit Rücksicht auf die für die Beitreibung des Anspruchs bestehenden Aussichten durch eine nicht das Armenrecht beanspruchende Partei nicht stattfinden oder diese nur einen Teil des Anspruchs geltend machen würde. Diese Definition geht zurück auf die Regelung des § 114 Abs. 1 S. 2 ZPO a.F. Wenn also eine "normale" nicht hilfsbedürftige Partei unter objektiven Gesichtspunkten bei der sich darstellenden Rechts- und Sachlage einen Prozess nicht führen würde, ist Mutwilligkeit gegeben.[175] Darüber hinaus hat das OLG Koblenz entschieden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung nur dann mutwillig ist, wenn die Partei den von ihr verfolgten Zweck auch auf einem billigeren als dem von ihr eingeschlagenen Weg erreichen kann.[176]

 

Rz. 100

Rechtsprechungsübersicht zur Mutwilligkeit:

Scheinehe, wenn aus dem Entgelt für die Ehe keine Rücklagen gebildet werden,[177]
Vollstreckungsabwehrklage, wenn der Beklagte eindeutig nicht mehr vollstrecken will und vom Kläger bislang nicht aufgefordert wurde, den Titel herauszugeben; anders allerdings, wenn die Gegenseite lediglich behauptet, den Titel nicht herausgeben zu können, da dieser abhandengekommen sei.[178]
Vermögenslosigkeit des Gegners, da dann eine eventuelle Vollstreckung sinnlos wäre,[179]
Umgangsrechtserweiterung, wenn Antragsteller diesbezüglich keinen Kontakt mit Antragsgegner bzw. Jugendamt aufgenommen hat,[180]
Zwangsvollstreckung, obwohl Schuldner beanstandungslos leistet,[181]
Unterhaltsgläubiger, der dauerhaft Sozialhilfe in Anspruch nimmt, ist nicht klageberechtigt,[182]
einstweilige Verfügung auf Unterhalt bei laufendem Sozialhilfebezug,[183]

Scheidungsfolgesache(n), wenn diese im kostengünstigeren Verbund geltend gemacht werden können.[184]

Die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache außerhalb des Verbundverfahrens ist nach Ansicht des BGH grundsätzlich jedoch nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO;[185] bei Folgesachen kommt es jedoch oftmals auf die konkreten Erfolgsaussichten im Einzelfall an.

nach rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverbundverfahrens ist Prozesskostenhilfe nur insofern zu bewilligen, als die Mehrkosten, die sich bei vergleichender Gegenüberstellung isolierter Rechtsverfolgung zur Rechtsverfolgung im Verbund ergeben, von der Prozesskostenhilfebewilligung ausgenommen werden,[186]
kein Titulierungsanspruch eines Unterhaltsgläubigers besteht, wenn dem Schuldner nur der Selbstbehalt verbleibt,[187]
im Falle einer vollstreckbaren Urkunde hat der Unterhaltsgläubiger bei einer erhöhten Unterhaltszahlung keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für den gesamten geltend gemachten Unterhaltsbetrag, sondern lediglich für die geltend gemachte Differenz,[188]
Beschwerde gegen Entscheidung über Versorgungsausgleich, wenn der Versorgungsträger ebenfalls Rechtsmittel mit demselben Ziel eingelegt hat,[189]
Zahlungsklage statt Auskunftsklage,[190]
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Notunterhalt,[191]
mehrere Scheidungsanträge innerhalb kurzer Abstände,[192]
Stellung eines eigenen Scheidungsantrages, statt Zustimmung zum Antrag der Gegenseite,[193]
bei Insolvenz einer klagenden GmbH, wenn der Insolvenzverwalter die Nichtaufnahme des Prozesses erklärt,[194]
hat die Rechtsschutzversicherung zutreffend Deckungszusage wegen Erfolglosigkeit versagt, ist es der Partei zumutbar, das kostenlose Verfahren des Stichentscheides zu betreiben,[195]
bei unbestrittenen Ansprüchen muss zunächst das kostengünstigere Mahnverfahren betrieben werden,[196] es sei denn, aufgrund des Verhaltens des Schuldners wird offenkundig, dass dieser jedenfalls Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegen wird. Dieser Umstand wäre allerdings dem Streitgericht durch Vorlage geeigneter Unterlagen, z.B. Stellungnahmen der Gegenseite, keinesfalls zahlen zu wollen, glaubhaft zu machen,

Patentanmeldung.

Eine Patentanmeldung ist mutwillig, wenn ein Verständiger, nicht mittelloser Anmelder, der für die Verfahrenskosten selbst aufkommen müsste, bei vernünftiger Würdigung der Umstände auf die konkret beabsichtigte Rechtsverfolgung auch dann verzichten würde, wenn diese für sich gesehen erfolgversprechend wäre. Maßgeblich ist der Nutzen der Entscheidung überhaupt. Auch bei hinreichender Erfolgsaussicht ist das Betreiben eines Erteilungsverfahrens mutwillig, dessen Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem zu erwartenden wirtschaftlichen Nutzen stehen. Ebenso ist Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit zu versagen, wenn eine kostengünstigere Möglichkeit besteht, Schutz zu erreichen.

Mutwilligkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn festgestellt werden kann, dass die Patentanmeldung (im Falle der Patenterteilung) keine Aussicht auf eine wirtschaftliche Verwertung – insbesondere Lizenzerlöse – bietet. Dazu reicht eine Vielzahl vorangegangener Schutzrechtsanmeldungen, die de...

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