Rz. 101

Der Antrag[213] auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mittels schriftlicher und unterschriebener[214] Erklärung – auch per Telefax[215] – durch die Partei selbst, ihren gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten (z.B. einen Rechtsanwalt) zu stellen. Eine Verpflichtung, dies durch einen Rechtsanwalt vorzunehmen, besteht allerdings nicht (§ 78 Abs. 3 ZPO). Hierzu kann auch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts in Anspruch genommen werden (§§ 117 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 129a ZPO).[216] Diese leitet, nach beratender Hilfe,[217] sodann den Antrag an das zuständige Gericht weiter. Es ist auch möglich, den Antrag noch während der mündlichen Verhandlung, aber vor Beendigung des Rechtsstreits[218] zu stellen. In diesem Falle wird der Antrag ins Protokoll mit aufgenommen.

 

Rz. 102

Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Es ist Sache und eine Obliegenheit des Antragstellers, die notwendige Erklärung und alle entsprechenden Belege vor Instanz- oder Verfahrensende vorzulegen.[219] Hat der Kläger die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen und Belege nicht rechtzeitig vorgelegt, kann die versagte Prozesskostenhilfe nicht durch Nachreichung der Unterlagen und Belege erst in der Beschwerdeinstanz korrigiert werden.[220] Spätestens auf Hinweis des Gerichtes, dass bestimmte Vermögens- und Einkommenspositionen noch nicht hinreichend glaubhaft gemacht sind, sind die Angaben durch Vorlage von geeigneten Belegen sorgfältig zu vervollständigen. Wirkt der Antragssteller nicht hinreichend mit und wird ihm deshalb die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abschließend versagt, kann der beauftragte Rechtsanwalt seine Vergütung nach RVG geltend machen und notfalls auch festsetzen lassen. Der beauftragte Rechtsanwalt kann für diesen Fall auch angemessene Vorschüsse von seinem Auftraggeber verlangen. Mit einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann die Partei nämlich lediglich dann rechnen, wenn sie die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozesskostenhilfe in ausreichender Weise dargetan hat.[221] Hierbei kann der Antragsteller auch auf bereits zu den Akten gereichten Vordrucke oder Unterlagen Bezug nehmen, wenn sich seine Verhältnisse nicht erheblich verändert haben.[222]

Zur Verfahrensvereinfachung hat der Gesetzgeber in § 117 Abs. 3 ZPO geregelt, dass durch Rechtsverordnung Formulare für die Erklärung eingeführt werden können. Soweit dies der Fall ist, müssen[223] diese verwendet und lückenlos ausgefüllt werden, ansonsten wurde der Antrag nicht formgerecht gestellt (§ 117 Abs. 4 ZPO).[224] Auf diese Umstände hat allerdings das Prozessgericht hinzuweisen und auf sachgerechte Vervollständigung hinzuwirken.

 

Rz. 103

Ferner ist zu beachten, dass aus Gründen der Prozess- und Verfahrensökonomie zum 1.9.2009 eine Neuregelung des § 117 Abs. 2 S. 2–4 ZPO eingeführt wurde. Hiernach kann das Gericht nunmehr die eingereichten Unterlagen auch ohne Zustimmung dem Gegner zugänglich machen, wenn dieser einen Anspruch auf Auskunft über die Einkünfte und das Vermögen hat (insbesondere §§ 1379 Abs. 1 BGB im Vermögensrecht; 1361 Abs. 4 S. 4, 1580, 1605 BGB im Unterhaltsrecht kennen solche Auskunftsansprüche des Gegners). Vor der Übersendung hat das Gericht jedoch dem Prozesskostenhilfe-Antragsteller seine Absicht anzukündigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Übersendung ist ihm mitzuteilen. Hierdurch sollen Auskunftsverfahren vermieden werden.

 

Rz. 104

 

Hinweis

Allerdings ist der "Vordruckzwang" nur so zu verstehen, dass ein solcher lediglich zur Entlastung der Gerichte beitragen soll, sodass es zulässig ist, die notwendigen Angaben bzw. Ausfüllungsmängel anderweitig hinreichend und übersichtlich dazulegen,[225] so z.B. durch eidesstattliche Erklärung.[226] Verlangt allerdings das Gericht, dass sich die Partei eines solchen Vordrucks bedient, so ist dieser zu verwenden, andernfalls das Gesuch um Prozesskostenhilfe zurückzuweisen ist, zumindest wenn zuvor eine gerichtliche Auflage erfolgte.[227] Die Verwendung des Vordrucks "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" soll das Gericht in die Lage versetzen, sich aufgrund der gemachten Angaben und vorgelegten Belege eine ausreichende Gewissheit über die Verhältnisse zu verschaffen. Dazu bedarf es Erklärungen, welche in dem Vordruck gefordert werden, einschließlich der Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben.[228]

 

Rz. 105

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe kann zugleich mit der Klage[229] oder auch isoliert,[230] d.h. mit einem als Klageentwurf bezeichneten Klageantrag, eingereicht werden. Im ersteren Fall ist darauf zu achten, ob die Klage als prozessuale Maßnahme unter der Bedingung der vorherigen Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wirksamkeit entfalten soll oder ob dies nicht unbedingt de...

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