Rz. 71

Vermögen braucht nicht eingesetzt zu werden, wenn es nicht verwertbar ist oder dies für die Partei und deren unterhaltsberechtigte Angehörigen eine Härte darstellen würde (§ 90 Abs. 2, 3 SGB XII). Zum nicht verwertbaren Vermögen gehören insbesondere sog. Riesterverträge und alle Arten von Versicherungen nach dem Altersvermögenszertfizierungsgesetz. Dies hat zur Folge, dass im Prozesskostenhilfe-Formular solch unverwertbares Vermögen nicht anzugeben ist.[135] D.h. nur das Vermögen ist verwertbar, über das auch tatsächlich verfügt werden kann.[136] Nicht verwertbar kann Vermögen z.B. aus wirtschaftlichen bzw. rechtlichen Gründen sein, wenn etwa ein Hilfesuchender über sein Erbe nicht verfügen kann, weil es unter der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers steht. Darüber hinaus muss eine Verwertung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vertretbar sein. Wenn eine Verwertung z.B. nur unter erheblichen Verlusten möglich ist (Verkauf eines überschuldeten Grundstücks,[137] Verkauf von Wertpapieren etc.), kann sie nicht verlangt werden.

 

Rz. 72

Die Prozesskostenhilfe-Partei ist auch nicht verpflichtet, zur vorübergehenden Behebung einer Notlage ihr Vermögen zu geringwertigen Erfolg zu veräußern. Wenn der zzt. erzielbare Preis sehr ungünstig ist (bei Kursschwankungen eines Wertpapiers, Bauerwartungsland mit steigender Tendenz, besonders Wertverluste im Rahmen der Finanzkrise etc.), hat das Sozialamt von der Verwertung abzusehen und die Hilfe in Form eines Darlehens zu gewähren (§ 93 SGB XII). Ausdrücklich ist diese Regelung im § 115 ZPO jedoch nicht enthalten, sodass deren Anwendbarkeit im Prozesskostenhilfe-Recht ausscheidet. Allerdings hat die Partei zur Finanzierung der Prozesskosten nur kurzfristig verfügbares Vermögen einzusetzen. Neben den wirtschaftlichen Gründen kann die Verwertung auch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen sein. Nicht verwertbar sind unter diesem Gesichtspunkt Gegenstände, die der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins dienen, soweit sie ihrer Art und ihrem Umfang nach angemessen sind. Dazu gehören Sachen, zum persönlichen Gebrauch, die der Hilfesuchende zu einer bescheidenen Lebens- und Haushaltsführung benötigt (Kleidung, Wäsche, Betten, Haus- und Küchengeräte, Nahrungsmittel und Heizungsmaterial). Ebenso wenig sind Nutzungsrechte, die ausschließlich an die Person des Inhabers gebunden sind, verwertbar (z.B. Wohnrechte, Altenteilsrechte etc.). Der Einsatz eines Hausgrundstücks kann nicht verlangt werden, wenn die voraussichtlichen Prozesskosten verhältnismäßig gering sind oder der Einsatz dieses Grundstücks voraussichtlich zu Einbußen führen würde, die die Kostenlast um ein Vielfaches übersteigen.[138]

[136] VGH Baden-Württemberg FEVS 42, 423 ff.
[137] VGH Baden-Württemberg FEVS 42, 423 ff.
[138] LAG Berlin AR-Blattei ES 1290 Nr. 43 = RVG Report 2005, 360.

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