Rz. 137

Eine Zulässigkeit hierfür ergibt sich bereits aus § 121 Abs. 3, 4 ZPO.

Im Rahmen einer bewilligten Prozesskostenhilfe ist allerdings bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts grundsätzlich stets zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf der auswärtige Rechtsanwalt "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" i.S.v. § 46 Abs. 1 RVG beigeordnet werden.[304] Diese besonderen Umstände sind u.a. die Partei ist schreibungewandt und auch ist ihr die Informationsreise zu einem Prozessbevollmächtigen am Prozessgericht nicht zuzumuten und eine mündliche Information ist nicht möglich. Ebenso hat der BGH entschieden, dass ein besonderer Umstand auch dann vorliegt, wenn die Kosten des weiter beizuordnenden Anwalts die sonst entstehenden Reisekosten des nicht am Prozessgericht zugelassenen Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Diese Wesentlichkeitsgrenze dürfte bei 10 % angesiedelt werden können.[305] Ferner ist hier jedoch der besondere Umstand zu berücksichtigen, dass das BVerfG die Angleichung von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes fordert.[306] Der BGH knüpft an die Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit im Rahmen des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO an. Daraus resultiert wohl auch, dass die Prozesskostenhilfe-Partei fast überwiegend einen Anspruch darauf hat, einen an ihrem Wohnort ansässigen Prozessbevollmächtigten beigeordnet zu bekommen.[307]

 

Rz. 138

Die Beiordnung eines beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts, der seinen Wohnsitz oder Kanzleisitz nicht am Ort des Prozessgerichts hat, kann seit Inkrafttreten des RVG nicht dahingehend eingeschränkt werden, dass sie nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts erfolgt.[308]

 

Rz. 139

Ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Anwalt kann einerseits nur beigeordnet werden, wenn hierdurch zu Lasten der Staatskasse weitere Kosten vermieden werden. Dieser Antrag auf Beiordnung enthält regelmäßig ein konkludentes Einverständnis mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiordnung nur zu den Bedingungen eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts.[309] Andernfalls hat der Rechtsanwalt deutlich zu machen, dass ein Einverständnis mit einer eingeschränkten Beiordnung nicht besteht. Folglich ist, wenn keine Erklärung des Rechtsanwalts vorliegt eine eingeschränkte Beiordnung durch das Gericht möglich. Dieser Beschluss ist für das Festsetzungsverfahren natürlich bindend. Denn bei einem Rechtsanwalt ist die Kenntnis des Mehrkostenverbots des § 121 Abs. 3 ZPO vorauszusetzen. Wenn nun ein auswärtiger Anwalt seine Beiordnung beantragt, muss er davon ausgehen, dass seinem Antrag nur im gesetzlich zulässigen Umfang stattgegeben werden kann. Die Norm des § 121 Abs. 3 ZPO betrifft solche Rechtsanwälte, die nicht beim zu entscheidenden Prozessgericht zugelassen sind, also insbesondere solche Anwälte, die bei einem AG, LG oder OLG zugelassen und damit an jedem anderen AG, LG oder OLG postulationsfähig sind und deshalb die Beiordnung beantragen. Die Einschränkung ergibt sich daher schon aus dem Gesetz. Gegen die eingeschränkte Beiordnung kann der Rechtsanwalt, die sofortige Beschwerde gem. § 127 ZPO einlegen. Unterlässt er dies, gilt er als zu den Bedingungen eines Rechtsanwalts vor Ort als beigeordnet.

 

Rz. 140

 

Hinweis

Für Fälle ab dem 1.7.2007 gibt es eine Besonderheit. Durch das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft[310] wurde § 121 Abs. 3 geändert:

"Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt darf nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen."

 

Rz. 141

Folge dieser Gesetzesänderung ist, dass wenn der Rechtsanwalt seinen Sitz nicht am Ort des Prozessgerichts, aber in dessen Bereich hat, darf die Einschränkung der Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts" nicht erfolgen.[311] Dies bedeutet, dass nunmehr für alle im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen und beigeordneten Anwälte die Reisekosten aus der Staatskasse zu erstatten sind und eine Einschränkung der Beiordnung nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung des Rechtsanwalts erfolgen kann, ausgenommen sind die Anwälte, die ihre Kanzlei am Sitz des Prozessgerichts haben. Dies ergibt sich aus Vorbemerkung 7 Abs. 2 VV-RVG.

Soll nun ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt beigeordnet werden, so ist zunächst zu prüfen, ob Reisekosten in diesem Verfahren überhaupt entstehen können. Ist dies zu bejahen, so ist in einem weiteren Schritt die Entfernung vom Sitz der Kanzlei des gewählten Rechtsanwalts bis zum Gerichtsort und vergleichbar die Entfernung zwischen dem Ort im Gerichtsbezirk, der am weitesten vom Prozessgericht entfernt ist zu vergleichen. Nur wenn diese Entfernung dann geringer ist, als diejenige zwischen dem Sitz der Rechts...

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