Rz. 797

Voraussetzungen eines Befreiungsanspruchs gem. §§ 670, 257 BGB sind, dass die Ehe gescheitert ist, die Kreditmittel im Innenverhältnis ausschließlich im Interesse einesEhegatten begründet wurden und Treu und Glauben der Geltendmachung des Befreiungsanspruchs nicht entgegenstehen.[658]

 

Rz. 798

Die Ehe ist gem. § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Gem. § 1567 Abs. 1 BGB leben die Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht wiederherstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

 

Rz. 799

Für das Scheitern der Ehe in diesem Sinne ist somit auf die endgültige Trennung der Eheleute abzustellen, die sich regelmäßig mit dem endgültigen Auszug eines Ehegatten aus der vormaligen Ehewohnung vollzieht.[659]

 

Rz. 800

Teilweise wird beim gesetzlichen Güterstand erst ab Zustellung des Scheidungsantrags vom Scheitern der Ehe ausgegangen.[660]

 

Rz. 801

Verbindlichkeiten sind ausschließlich im Interesse eines Ehegatten begründet, wenn die Aufnahme allein der Vermögensbildung nur eines Ehegatten dient. Dies ist z.B. der Fall, wenn Ehegatten gemeinschaftlich ein Darlehen aufgenommen haben, das zur Finanzierung eines Hausgrundstücks dient, an dem ein Ehegatte Alleineigentum begründet.[661] Selbiges gilt, wenn ein Ehegatte Verbindlichkeiten zum Zwecke des anderen übernommen hat, namentlich dem anderen die Aufnahme eines Kredits durch Übernahme der persönlichen Haftung oder durch Einräumung von persönlichen Sicherheiten ermöglicht hat.[662]

 

Rz. 802

Macht ein Ehegatte als Alleineigentümer gegen den anderen Ehegatten Mietrückstände aus der Vermietung eines Hausgrundstücks geltend, dessen Erwerb durch einen Kredit finanziert worden ist, für den beide Ehegatten gesamtschuldnerisch haften, so steht dem anderen Ehegatten ein Zurückbehaltungsrecht zu, soweit der eine Ehegatte früher eingegangene Mieten nicht vorrangig für die fälligen Raten auf Zins und Tilgung verwendet hat; soweit dem anderen Ehegatten kein Zurückbehaltungsrecht zusteht, kann der eine Ehegatte Zahlung der Mietrückstände in Höhe der fälligen Raten auf Zins und Tilgung nur an den Kreditgeber, nicht aber an sich selbst verlangen. Nach Kündigung des Mietverhältnisses kann der eine Ehegatte, in dessen Alleineigentum sich die die Räumung nur Zug um Zug gegen Befreiung des anderen Ehegatten von seiner Mithaftung für den Kredit verlangen.[663] Die Kündigung des Mietverhältnisses ist zugleich als Kündigung des Auftragsverhältnisses anzusehen.

 

Rz. 803

Der Ehegatte, der als Mithaftender ohne Eigentümerstellung die Rolle des Beauftragten spielt, kann Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 670 BGB verlangen. Soweit er für diesen Zweck Verbindlichkeiten eingegangen ist, kann er gem. § 257 BGB Befreiung von diesen verlangen.

 

Rz. 804

Wird ein Ehegatte aus gesamtschuldnerisch geschlossenen Kreditverträgen für eine im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehende Immobilie in Anspruch genommen, so besteht ein Befreiungsanspruch gegen den anderen Ehegatten auch dann, wenn die Verträge zu einem Zeitpunkt geschlossen wurden, als die Beteiligten weder die Ehe geschlossen noch eine nichteheliche Lebensgemeinschaft begründet hatten.[664]

 

Rz. 805

Die Geltendmachung des Befreiungsanspruchs unterliegt jedoch Einschränkungen, die sich nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB aus den Umständen ergeben könne, die zur Begründung der Verbindlichkeiten geführt haben.

 

Rz. 806

Auch das Gebot der Rücksichtnahme gem. § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB ist zu beachten. Dieses Gebot wirkt auch über das Scheitern der Ehe hinaus fort. Dem muss der Ehepartner in angemessener Weise Rechnung tragen. Dies geschieht etwa dadurch, dass er dem anderen Ehegatten eine ratenweise Befreiung zugesteht, ihm also die Rückführung der Verbindlichkeiten im Rahmen eines vernünftigen, seine Möglichkeiten berücksichtigenden Tilgungsplans einräumt.[665]

 

Rz. 807

Jedoch hat das Interesse eines Befreiungsschuldners, weiter in der ihm gehörenden Immobilie zu wohnen, keinen Vorrang vor dem Interesse des Befreiungsgläubigers auf Haftentlassung. Zur Erfüllung des Befreiungsanspruchs ist die Verwertung der Ehewohnung durchaus zumutbar. Der ursprüngliche Zweck der Kreditaufnahme, eine Ehewohnung anzuschaffen, kann die Fälligkeit des Befreiungsanspruchs grundsätzlich nicht verhindern.

 

Rz. 808

Etwas anderes gilt jedoch, wenn hinreichend feststeht, dass der Eigentümer durch den Einsatz sonstiger Mittel oder finanzieller Hilfen Dritter oder Verwandter kurzfristig in der Lage sein wird, den Freistellungsauftrag bei der Bank herbeizuführen. Hierzu müssen jedoch konkrete Finanzierungsunterlagen und Gespräche dargelegt werden. Schließlich trägt der Befreiungsschuldner die Darlegungs- und Beweislast für einem Befreiungsanspruch entg...

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