Rz. 958

Auch das Umgangsrecht ist nach überwiegender Ansicht ein absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB,[849] außerdem besteht zwischen den Eltern bezüglich des Umgangsrechts mit den gemeinsamen Kindern ein gesetzliches Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art, dass dem zur Gewährung des Umgangs verpflichteten Elternteil die Pflicht auferlegt, bei der Gewährung des Umgangs auf die Vermögensbelange des umgangsberechtigten Elternteils Rücksicht zu nehmen.[850]

Damit stehen dem Umgangsberechtigten bei Nichteinhaltung einer Umgangsvereinbarung sowohl deliktische Ansprüche als auch Schadenersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn ihm wegen nutzlos aufgewendeter Vermögensdispositionen zur Wahrnehmung des festgelegten Umgangs Vermögensschäden entstehen, beispielweise Fahrtkosten für die vergebliche Anreise zur Abholung des Kindes oder Stornokosten für gebuchte Reisen.

 

Rz. 959

Dies ist nach überwiegender Ansicht jedenfalls in den Fällen anzunehmen, in denen eine gerichtliche Umgangsregelung bzw. ein familienrechtlich nach § 156 Abs. 2 FamFG gebilligter Umgangsvergleich vorliegt.[851]

Bei Verletzung einer ohne gerichtliche Beteiligung zwischen den Eltern festgelegten Umgangsvereinbarung ist dies genauso zu sehen, solange nicht der zur Gewährung des Umgangs verpflichtete Elternteil mitteilt, dass er sich an diese Vereinbarung nicht mehr halten wird. Trifft der Umgangsberechtigte auch danach noch Vermögensdispositionen für den Umgang, kann er sich nicht mehr auf eine Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf seine Vermögensbelange berufen.[852]

 

Rz. 960

Der zur Umgangsgewährung verpflichtete Elternteil hat die Nichteinhaltung der Umgangsregelung regelmäßig auch zu vertreten. Er trägt aufgrund der Beweislastumkehr in § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB die Beweislast dafür, dass er ausnahmsweise den Umgang nicht gewähren musste, etwa bei schwerer Erkrankung des Kindes. Der durch gerichtliche Regelung zur Gewährung des Umgangs verpflichtete Elternteil kann sich regelmäßig auch nicht ohne weiteres auf einen dem Umgang entgegenstehenden Willen des Kindes berufen, soweit es im Einzelfall möglich und zumutbar war, auf das Kind zur Wahrnehmung des Umgangs erzieherisch einzuwirken. Die Verpflichtung dazu besteht solange, bis eine gerichtliche Änderung der Umgangsvereinbarung erfolgt, ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Den durch eine private Umgangsvereinbarung zur Umgangsgewährung verpflichteten Elternteil trifft die Beweislast dafür, dass er rechtzeitig mitgeteilt hat, an der privaten Umgangsvereinbarung nicht mehr festhalten zu wollen.

 

Rz. 961

Allerdings muss der Umgangsberechtigte sich ggf. ein Mitverschulden entgegenhalten lassen, wenn er sich ihm bietende Möglichkeiten zur Reduzierung des Vermögensschadens nicht wahrnimmt, also beispielsweise zu einem Umgangstermin trotz rechtzeitiger Absage anreist[853] oder auf der Grundlage nur einstweilig festgelegter Umgangskontakte bereits weit in die Zukunft reichende Dispositionen trifft.[854] Es besteht aber keine Verpflichtung, sich gegen Vermögensschäden durch Umgangsvereitelung durch Versicherungen abzusichern.[855]

Werden die Aufwendungen für den Unterhaltsberechtigten trotz des nicht stattfindenden Umgangs nicht vollständig nutzlos, kann er insoweit ebenfalls keinen Ersatz verlangen, etwa bei kompletter Stornierung eines Familienurlaubs, obwohl nur ein Kind wegen der Umgangsverweigerung nicht mitfährt.[856]

 

Rz. 962

Nach den gleichen Grundsätzen kann auch dem zur Umgangsgewährung verpflichteten Elternteil ein Schadenersatzanspruch zustehen, wenn er für die Dauer der Abwesenheit des Kindes schon Dispositionen getroffen hat, die dann wegen des durch den umgangsberechtigten Elternteil zu vertretenden Ausfalls des Umgangs und der Notwenigkeit, in dieser Zeit die Kindesbetreuung fortzusetzen, nutzlos werden.[857]

[849] OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1056; OLG Frankfurt NJW-RR 2005, 1339; Palandt/ Sprau, § 823 Rn 17; offen gelassen von BGH FamRZ 2002, 1099.
[851] Wever, Rn 842.
[852] Wever, Rn 845.
[853] AG Bremen FamRZ 2008, 1369.
[854] AG Essen FamRZ 2004, 52, 53.
[857] Wever, Rn 846.

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