Rz. 347

Regelmäßig stellt sich die Frage nach der Berechtigung an Guthaben auf einem Konto beim Scheitern der Ehe. Im Außenverhältnis besteht zwischen den Ehegatten eine Bruchteilsgemeinschaft an der Forderung gegen die Bank (§§ 741 ff. BGB). Nach § 749 Abs. 1 BGB kann jeder Teilhaber jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Wobei dieses Recht über § 749 Abs. 2 BGB eine Einschränkung erfährt. Wurde nämlich das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung nur dann verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Da es sich um die ultima ratio handelt, gilt ein strenger Maßstab. Als wesentliche Veränderung der Umstände und somit als wichtiger Grund gilt die Scheidung der Ehe und die Auflösung der nichtehelichen Gemeinschaft.[181]

 

Rz. 348

Das Außenverhältnis der Ehegatten zur Bank ist aber für die Klärung der Frage, welchem Ehegatten welcher Anteil auf dem Konto zusteht, nicht von Bedeutung. Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist allein das Innenverhältnis der Ehegatten. Das Innenverhältnis beurteilt sich bei einem Oder-Konto nach § 430 BGB. Diese Regelung wird ergänzt durch die gemeinschaftliche Regelung des § 742 BGB, die auch für das Und-Konto von Ehegatten Anwendung findet.[182] Nach § 742 BGB stehen den Ehegatten somit im Zweifel im Innenverhältnis als Teilhaber gleiche Anteile zu. Danach ist jeder Ehegatte an dem Kontostand im Zeitpunkt der Trennung zu gleichen Teilen berechtigt. Ein Guthaben ist also beim Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen.[183] Dies gilt sowohl für Konten, mit denen die Ehegatten die Ausgaben für die Lebensführung bestritten haben, als auch für Geschäftskonten.[184]

 

Rz. 349

 

Hinweis

Der Grundsatz der Halbteilung des Guthabens auf einem Gemeinschaftskonto gilt auch, wenn die Ehepartner im Güterstand der Gütertrennung leben. In der Eröffnung eines Gemeinschaftskontos durch Eheleute, die im Güterstand der Gütertrennung leben, kann man eine bewusste Korrektur des gewählten Güterstandes für diesen Bereich sehen.[185]

 

Rz. 350

Anwendbar ist § 742 BGB aber nur, wenn das Bestehen einer Bruchteilsgemeinschaft feststeht und die Bruchteilsquote zweifelhaft ist. Ergibt sich aus dem Parteiwillen, aus speziellen Vorschriften oder aus besonderen Umständen ein anderer Verteilungsschlüssel, gilt allein dieser.[186] In derartigen Konstellationen gelangt der Grundsatz der Halbteilung nicht zur Anwendung, da etwas anderes bestimmt ist.

 

Rz. 351

Allerdings ist eine anderweitige Bestimmung bei Gemeinschaftskonten von Ehegatten noch nicht darin zu sehen, dass die Mittel auf dem Konto ganz oder überwiegend von einem der beiden Kontoinhaber stammen.[187] Stammt das Guthaben nur aus dem Einkommen des Alleinverdieners, steht das Guthaben beiden Ehegatten zu. Aus den Umständen ergibt sich, dass dies auch dem Willen des Alleinverdieners entspricht, denn andernfalls hätte es nahe gelegen, das Einkommen auf ein ausschließlich auf seinen Namen angelegtes Konto fließen zu lassen.[188]

 

Rz. 352

Danach ist auch ein Guthaben auf einem Gemeinschaftskonto grundsätzlich hälftig zu teilen. Gegenüber der Bank begründen die Eheleute mit Errichtung des Oder-Kontos eine Gesamtgläubigerstellung gemäß § 428 BGB. Die Ausgleichspflicht im Innenverhältnis ergibt sich gemäß § 430 BGB.

 

Rz. 353

In dem Fall, dass ein Ehegatte auf das gemeinschaftliche Konto wesentlich mehr einzahlt, als der andere, kann darin aber eine unbenannte ehebezogene Zuwendung liegen. Dies liegt gerade dann nahe, wenn es sich nicht um Beiträge zur Wirtschaftsführung der Ehegatten handelt.[189] Zu beachten sind dann etwaige steuerrechtliche Konsequenzen, da es sich um eine schenkungssteuerpflichtige Zuwendung handeln könnte.[190] So hatte der Bundesfinanzhof im Jahr 2011[191] zu entscheiden, ob Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto als freigiebige Zuwendung an den anderen Ehegatten zu bewerten war, mithin ein von der Auslegungsregel des § 430 BGB abweichendes Innenverhältnis zwischen den Ehegatten in Bezug auf das Oder-Konto bestand. Der BFH führt insoweit aus:

Zitat

1. Wird die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (so genanntes Oder-Konto) der Eheleute als freigiebige Zuwendung an den anderen Ehegatten der Schenkungssteuer unterworfen, trägt das Finanzamt die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigiebigen Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind, also auch dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.

2. Gibt es hinreichende, deutliche, objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungssteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.

 

Rz. 354

 

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