Rz. 84

Mit Inkrafttreten des 2. KostRMoG zum 1.8.2013 wurde mit § 31b RVG eine Streitwertbegrenzung eingeführt. Motivation für die Einführung des § 31b RVG war, dass bei einer Vereinbarung, die unstreitige Ansprüche betrifft und über die lediglich eine Regelung über Zahlungsmodalitäten getroffen wird, der Wert des Interesses dieser Regelung geringer zu bewerten ist als der Wert einer Einigung über im Streit stehende Ansprüche. In der Rechtsprechung kam es zu unterschiedlichsten Bewertungen, wie z.B. 10 % oder ⅓ des Anspruchs.

a) 20 %-iger Wert bei reiner Zahlungsvereinbarung

 

Rz. 85

Der Gesetzgeber hat nun festgelegt: Ist Gegenstand einer Einigung "nur" eine Zahlungsvereinbarung (Nr. 1000 VV RVG) beträgt der Gegenstandwert 20 % des Anspruches. Der Begriff "Anspruch" ist nicht mit "Hauptforderung" gleichzusetzen. Im Rahmen des Vollstreckungsauftrages oder während der Zwangsvollstreckung gilt das unter Rdn 80 Genannte, nämlich, dass auch bei der Berechnung des Wertes gem. § 31b RVG von 20 % der Gesamtforderung (Haupt- und Nebenforderungen) auszugehen ist.

b) Abgrenzung reine Zahlungsvereinbarung/weitreichende Vereinbarung

 

Rz. 86

Bei der Bestimmung des Wertes zur Berechnung der Einigungsgebühr hat der RA demnach zu prüfen, ob lediglich eine Zahlungsvereinbarung vorliegt oder eine weitreichendere Einigung abgeschlossen wurde. Nach der Anm. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV RVG liegt dann eine Zahlungsvereinbarung vor, wenn die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen geregelt wird. Die Reduzierung des Streitwertes soll nur gelten, wenn ausschließlich Zahlungsmodalitäten Gegenstand der Vereinbarung sind.[36]

 

Rz. 87

 

Beispiel für eine reine Zahlungsvereinbarung

Der Schuldner zahlt auf die dem Gläubiger zustehende Forderung aus der Rechnung vom 25.6.2016 i.H.v. von 5.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2016, Mahnkosten von pauschal 10,00 EUR und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 413,90 EUR monatliche Raten in Höhe von 500,00 EUR zum 3. eines jeden Monats, erstmals zum 3.2. Für die Dauer der Ratenzahlungsvereinbarung verzichtet der Gläubiger auf die gerichtliche Geltendmachung.

Anders verhält es sich, wenn zusätzlich weitere Vereinbarungen Gegenstand der Einigung sind.

[36] Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum 2. KostRMoG, BT-Drucks 17/11471 S. 269.

c) Wirtschaftliche Auswirkungen

 

Rz. 88

Die betragsmäßigen Auswirkungen bei Beachtung des reduzierten Wertes ab einem Streitwert von 500,01 EUR sind deutlich, wobei bis zu einem Anspruchswert von 2.500,00 EUR (davon 20 % = 500,00 EUR) in dem § 31b-RVG-Bereich überhaupt keine Anhebung stattfindet, da sich eine erste Erhöhung erst ab einem 20 %-igen Gegenstandswert von 500,01 EUR ergibt:

 
Gegenstandswert

1,5-Einigungsgebühr

ohne § 31b RVG

1,5-Einigungsgebühr

mit § 31b RVG
Differenz
500,01–1.000 120,00 67,50 -52,50
1000,01–1.500 172,50 67,50 -105,00
1.500,01–2.500 225,00 67,50 -157,50
2.500,01–3.000 301,50 120,00 -181,50
3.000,01–4.000 378,00 120,00 -258,00
 

Rz. 89

 

Praxishinweis

Einmal ganz davon abgesehen, dass, wenn der Gegner schon zum Abschluss einer Vereinbarung gebracht werden kann, es Ziel zur besseren Sachbearbeitung sein sollte, weitere Verpflichtungen und Sicherheiten aufzunehmen, lohnt dies wirtschaftlich, um sich der Wertbegrenzung des § 31b RVG zu entziehen, allemal. Folgende Punkte[37] könnten z.B. zusätzlich vertraglich vereinbart werden:

Abstraktes Schuldanerkenntnis,
Feststellung einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung,
Verjährungsverlängernde Vereinbarung,
Einräumung von Sicherheiten, wie z.B. Abtretung von Arbeitseinkommen und Bankguthaben,
Im Turnus wiederkehrende Auskunftsverpflichtung über Art und Höhe des Einkommens,
Schweigepflichtentbindungserklärung.
 

Rz. 90

In Anbetracht des Umfangs der Einigung schon unter rein tatsächlichen Gesichtspunkten und hinsichtlich des abstrakten Schuldanerkenntnisses nach §§ 780, 781 BGB auch rechtlich, dürfte eine schriftliche Vereinbarung erforderlich sein oder ist sogar zwingend.

 

Rz. 91

Die Abgrenzung, ob es sich um eine Teilzahlungsvereinbarung i.S.v. Anm. 1 S. 1 oder S. 2 zu Nr. 1000 VV RVG handelt, hängt bei Abschluss einer Zahlungsvereinbarung auch davon ab, ob der Anspruch als solcher vor der Vereinbarung streitig war oder nicht. Wurde mit der Vereinbarung der Streit oder die Ungewissheit des Anspruches beseitigt (Rdn 18), kommt eine Reduzierung des Gegenstandswertes für die Einigung auf 20 % auch dann nicht in Betracht, wenn ansonsten nur Zahlungsmodalitäten verabredet wurden.

 

Rz. 92

Folgende Fallgestaltung ist nicht selten in der Praxis anzutreffen:

Der vom Gläubiger begehrte Anspruch in Höhe von 6.000,00 EUR ist unstreitig. Der RA des Gläubigers betreibt bereits das gerichtliche Mahnverfahren. Nach Zustellung des Mahnbescheides meldet sich der Schuldner und bietet eine Ratenzahlung an. Der Gläubigeranwalt ist mit der Zahlungsvereinbarung einverstanden, nimmt in die Vereinbarung mit auf, dass das geric...

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