Rz. 58

Unterschiedliche Gebührensätze sind für die Einigungsgebühr in den Nrn. 1000–1006 VV RVG geregelt. Nr. 1001 VV RVG (Aussöhnungsgebühr) gilt bei der Erhaltung einer ernstlich gefährdeten Ehe oder Lebenspartnerschaft, Nr. 1002 VV RVG in Verwaltungsangelegenheiten und die Nrn. 1005, 1006 VV RVG beziehen sich auf Verwaltungsverfahren in sozialrechtlichen Angelegenheiten. In Forderungsangelegenheiten sind die Regelungen der Nrn. 1000, 1003 und 1004 VV RVG von Relevanz.

Grundsätzlich beläuft sich die Einigungsgebühr auf einen Satz von 1,5 gem. Nr. 1000 VV RVG.

 

Rz. 59

Ist jedoch über den Gegenstand ein erstinstanzliches gerichtliches Verfahren zur Hauptsache anhängig oder ein PKH-Bewilligungsverfahren für das beabsichtigte Hauptsacheverfahren, reduzieren sich gem. Nr. 1003 VV RVG die Einigungsgebühren der Nrn. 1000 und 1002 VV RVG von 1,5 auf eine 1,0-Gebühr. Ausnahme: Bei dem Gerichtsverfahren handelt es sich um ein selbstständiges Beweisverfahren oder ein darauf gerichtetes Prozesskostenhilfeverfahren.

Mit dem isolierten vorgeschalteten PKH-Bewilligungsverfahren ist der Gegenstand verfahrensrechtlich noch nicht gerichtlich anhängig,[33] so dass sich daraus eine Reduzierung des Satzes von 1,5 auf 1,0 nicht herleiten lässt. Aufgrund der Anm. 1 zu Nr. 1003 VV RVG ist jedoch im Hinblick auf die Einigungsgebühr festgelegt, dass die Ermäßigung auf die 1,0-Gebühr auch gilt, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist. Insoweit ausgenommen ist lediglich das PKH-Bewilligungsverfahren für ein selbstständiges Beweisverfahren.

 

Rz. 60

Sofern über den Gegenstand ein Berufungs- oder Revisionsverfahren, ein Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines dieser Rechtsmittel oder ein Verfahren vor dem Rechtsmittelgericht über die Zulassung des Rechtsmittels anhängig ist, verringert sich der Gebührensatz der Nr. 1000 VV RVG gem. Nr. 1004 VV RVG auf einen Satz von 1,3.

Abzustellen ist auch bei Anwendung dieser Regelung, in welcher Instanz der Gegenstand anhängig ist, unabhängig davon, wo die Parteien die Einigung schließen. Neben den Berufungs- oder Revisionsverfahren sind auch berufungs- und revisionsgleiche Verfahren mitgeregelt.

Die 1,3-Einigungsgebühr gilt für Beschwerden gegen die Nichtzulassung einer Berufung, Revision oder Rechtsbeschwerde bei Beschwerden nach § 544 ZPO, § 72a ArbGG, § 92a ArbGG, § 75 GWB, § 25 Abs. 1 VSchDG, § 87 EnWG, § 133 VwGO, § 115 Abs. 3 FGO, § 145 SGG und § 160a SGG.[34]

 

Rz. 61

Der Gesetzgeber will zur Entlastung der Gerichte eine Motivation für die RAe schaffen, Auseinandersetzungen bereits außerhalb von gerichtlichen Verfahren einer Lösung zuzuführen. In der Tat kann es sich für den RA lohnen, ohne einen zeit- und arbeitsintensiven Rechtsstreit die Sache außergerichtlich einer Einigung zuzuführen, da er unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von z.B. 1,3 und der Einigungsgebühr von 1,5 schon bei einem Gesamtgebührensatz von 2,8 liegt. In einem Rechtsstreit, der nicht mit einer Einigung endet, verdient der RA in der Regel nur eine 2,5-Gebühr, nämlich zusammengesetzt aus der Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG in Höhe von 1,3 und der Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG in Höhe von 1,2. Auch die Berücksichtigung der nicht anzurechnenden Geschäftsgebühr führt zu keinem mit dem Mehraufwand korrespondierenden Mehrverdienst.

 

Rz. 62

Unter Anhängigkeit ist der Eingang der Klage oder Antragsschrift bei Gericht zu verstehen. Der reduzierte Satz der Einigungsgebühr gilt auch dann, wenn der Gegenstand nicht in dem Verfahren anhängig ist, bei dem die Einigung geschlossen wird, sondern in einem anderen gerichtlichen Verfahren.[35]

 

Rz. 63

 

Beispiel

Zwischen den Parteien sind zwei unterschiedliche erstinstanzliche Rechtsstreitigkeiten anhängig; und zwar ein Verfahren vor dem Amtsgericht wegen einer Forderung von 3.000,00 EUR und das weitere Verfahren vor dem Landgericht wegen einer Forderung von 7.000,00 EUR. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht schließen die Parteien einen Vergleich zur Einigung beider Ansprüche.

Der RA hat insgesamt eine 1,0-Einigungsgebühr abzurechnen, da beide Gegenstände sich bei Abschluss der Einigung in einem gerichtlichen Verfahren befinden.

 

Rz. 64

Es spielt für die Reduzierung der Einigungsgebühr gem. Nr. 1003 VV RVG auch keine Rolle, ob der RA Kenntnis von der Anhängigkeit des gerichtlichen Verfahrens hat.

 

Rz. 65

 

Beispiel

Der Gläubigervertreter erhält über das Mahngericht den Vollstreckungsbescheid. Fristwahrend hat der Schuldner Einspruch eingelegt, wobei das Mahngericht die Sache unmittelbar an das Prozessgericht abgegeben hat. Der Gläubigervertreter weiß noch nichts von der Einspruchseinlegung und Abgabe an das Streitgericht, da er hierüber seitens des Gerichts noch nicht informiert wurde. Die Parteien erzielen zu diesem Zeitpunkt eine Einigung.

Auch dem Gläubigervertreter steht lediglich die 1,0-Einigungsgebühr zu, da es rein auf die Anhängigkeit des gerichtlichen Verfahrens ankommt und nicht auf die Kenntnis eines Beteiligten.

 

Rz. 66

Ein geri...

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