Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 680
Die Sozialleistungen von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II sind in ihrem Leistungszweck jeweils dahingehend zu unterscheiden, ob sie eine Lohnersatzfunktion oder Ersatzfunktion für Unterhalt darstellen.
Die Zuordnung entscheidet, ob und in welchem Umfang Sozialleistungen unterhaltsrechtlich als Einkommen anzurechnen sind. Stellen solche Leistungen eine Lohnersatzfunktion dar, sind sie unterhaltsrechtliches Einkommen und decken damit zunächst einmal den eigenen Bedarf. Besteht wegen der Subsidiarität einer Sozialleistung nur eine Unterhaltsersatzfunktion wie bei der Sozialhilfe oder beim Arbeitslosengeld II, soll die Sozialleistung nur den aktuellen Unterhaltsbedarf sichern. Sie ist dann nicht bedarfsdeckend. Der Unterhaltsanspruch geht aufgrund besonderer Vorschriften auf den Träger der Sozialhilfe über.
aa) Arbeitslosengeld I (ALG I)
Rz. 681
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld I setzt voraus, dass der Arbeitslose arbeitsfähig ist und sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt, seine Arbeitskraft also dem Arbeitsmarkt anbietet. Die Leistung stellt einen Ausgleich für entgangenen Arbeitsverdienst dar und wird auf der Grundlage des zuvor erzielten Nettoarbeitsentgeltes berechnet (§ 131 SGB III). Auf die Leistungen besteht aus der Tatsache ein Anspruch, dass während der Arbeitstätigkeit Einzahlungen in die Arbeitslosenversicherung erfolgt sind. Daher sind die Leistungen gegenüber Unterhaltsansprüchen nicht subsidiär und weisen eine Lohnersatzfunktion auf.
Rz. 682
Leistungen nach ALG I sind in vollem Umfang anzurechnen. Dies gilt selbst dann, wenn sie Ersatz für eine grundsätzlich unzumutbar gewesene Tätigkeit darstellen. Ein Erwerbsbonus ist naturgemäß nicht abzuziehen, da es sich gerade nicht um Einkommen handelt, das während der Erwerbstätigkeit erzielt wird. Kosten des Arbeitslosen, die diesem bei der Suche nach Arbeitstätigkeit entstehen, sind jedoch – ebenfalls in vollem Umfange – abzuziehen.
bb) Bürgergeld (früher: Arbeitslosengeld II (ALG II))
Rz. 683
Mit Wirkung vom 1.1.2005 waren die frühere Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zu zu einer einheitlichen Leistung zusammengefasst worden, dem Bürgergeld (bis 1.1.2023: Arbeitslosengeld II (ALG II)).
Bürgergeld im Überblick:
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Bürgergeld können alle erwerbsfähigen und hilfebedürftigen Arbeitslosen zwischen 15 und 65 Jahren erhalten; |
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Bürgergeld wird im Anschluss an das reguläre Arbeitslosengeld – bei Bedürftigkeit – gezahlt und ersetzt die Arbeitslosenhilfe bzw. die Sozialhilfe; |
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Die Unterstützungspauschale beträgt für Alleinstehende 502 EUR monatlich; hinzu kommt noch die Kostenübernahme für Miete und Heizung; |
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(Ehe-)Partner bekommen 451 EUR monatlich (= je 90 %); |
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Bezieher von Bürgergeld erhalten auch Leistungen für ihre Kinder: 318 EUR je Kind bis 6 Jahre, 348 EUR je Kind bis 13 Jahre und 420 EUR je Kind von 13 bis unter 18 Jahren; allerdings wird das Kindergeld von der Pauschale abgezogen, ferner wird eigenes Einkommen und Vermögen der Kinder angerechnet; |
Rz. 684
Der Regelbedarf ab 1.1.2023 setzt sich wie folgt zusammen:
Rz. 685
Die Zahlungen summieren sich wie folgt:
Haushaltstyp |
Zahl der Haushalte |
Leistungen in EURO* |
Singles |
1 913 820 |
811 |
Alleinerziehende, ein Kind |
396 379 |
1173 |
Alleinerziehende, zwei Kinder |
179 794 |
1456 |
Alleinerziehende, drei Kinder |
50 292 |
1723 |
Alleinerziehende, vier oder mehr Kinder |
17 638 |
2040 |
Paar ohne Kinder |
444 221 |
1186 |
Paar, ein Kind |
243 487 |
1580 |
Paar, zwei Kinder |
196 189 |
1881 |
Paar, drei Kinder |
85 866 |
2197 |
Paar, vier oder mehr Kinder |
43 765 |
2686 |
Insgesamt |
3 665 086 |
1126 |
*Regelsatz Arbeitslosengeld II, Miete/Heizen, Sozialgeld/Kinderzuschlag, Mehrbedarfszuschläge (z.B. Alleinerziehende, besondere Ernährung bei Krankheit), Einmalleistungen (z.B. Makler, Umzug, Kaution) und Sozialbeiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung – die zum Teil nicht ausgezahlt werden. Hartz-IV-Empfänger ohne eigenes Einkommen.
Einkommen muss, soweit es zu berücksichtigen ist, vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhaltes eingesetzt werden. Einkommen ist das, was die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft während des Bezugs der Leistung wertmäßig hinzugewinnen. Das bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung Vorhandene, ist Vermögen. Welches Einkommen in welcher Höhe zu berücksichtigen ist, ist in den §§ 11 bis 11b SGB II sowie in der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V – geregelt. Die nachfolgenden Grafiken zei...