A. Dogmatische Grundlagen

 

Rz. 1

Der Haushaltsführungsschaden im Tötungsfall (Anspruch der Hinterbliebenen wie Ehepartner/Partner der eingetragenen Lebensgemeinschaft oder eigene und adoptierte Kinder des Getöteten) ist ein Unterhaltsschaden (anders als im Verletzungsfall). § 844 Abs. 2 BGB gewährt den Hinterbliebenen eines getöteten Haushaltsführenden einen Schadensersatzanspruch wegen der entgangenen Haushaltstätigkeit. Anknüpfungspunkt ist die Unterhaltspflicht des Getöteten für den hinterbliebenen Ehepartner und die Halbwaisen. Ehegatten sind gemäß § 1360 S. 1 BGB einander verpflichtet, in angemessener Weise zum Familienunterhalt beizutragen.

Analog gilt dieses auch für die eingetragene Lebenspartnerschaft. Nach § 5 LPartG sind die Lebenspartner einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die partnerschaftliche Lebensgemeinschaft angemessen zu unterhalten. Im Übrigen verweist § 5 Abs. 1 LPartG auf § 1360 S. 2 BGB, sodass die nachfolgenden Ausführungen zu § 1360 BGB für alle Formen des gesetzlich begründeten Unterhaltsanspruches gleichzeitig gelten.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass eine vertragliche Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten (Ehepartner/gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften/Waisen) auf die über §§ 1360 BGB, 5 LPartG hinaus existierenden Formen menschlichen Zusammenlebens beim Naturalunterhaltsanspruch nicht möglich ist. Das bedeutet im Klartext, dass Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht anspruchsberechtigt im Sinne des § 844 Abs. 2 BGB sind und der jeweils hinterbliebene Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keinen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger hat.

Da der Anspruch nach § 844 Abs. 2 BGB an das Vorliegen der Voraussetzung nach § 1360 BGB anknüpft, soll im Folgenden auf die familienrechtliche Unterhaltspflicht eingegangen werden, wobei wiederum sämtliche Ausführungen ebenfalls Gültigkeit im Hinblick auf § 5 LPartG haben.

 

Rz. 2

Auf der ersten Stufe enthält § 1360 BGB die Leitbilder, in denen gesetzlicher Unterhalt geschuldet wird. Innerhalb der Ehe entscheiden sich die Partner für eines der Leitbilder oder verändern die Entscheidung von einem Leitbild weg auf ein anderes Leitbild, wenn sich die privaten Parameter entsprechend verändern.

Es gibt insgesamt 4 Leitbilder. Das erste Leitbild ist die sogenannte Haushaltsführungsehe, bei der einer der Partner durch die Haushaltsführung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nachkommt, weil die Haushaltsführung eine gleichwertige und nicht ergänzungsbedürftige Beitragsleistung zum Familienunterhalt darstellt.[1] Innerhalb dieses Leitbildes übernimmt der andere Partner die Position des Erwerbstätigen, der durch Geldmittel zum Familienunterhalt beiträgt. Hierbei kommt es nicht darauf an, welcher Ehegatte welche Rolle übernimmt: Der Hausfrauen-Ehe auf der einen Seite entspricht die Hausmann-Ehe auf der anderen Seite.

Das zweite Leitbild in § 1360 BGB ist die Doppelverdiener-Ehe. Hier haben sich die Ehegatten um Kinder gemeinsam zu kümmern.[2] Die Haushaltsführungstätigkeit ist auf beide gleichmäßig bzw. entsprechend der beruflichen Belastung zu verteilen und der finanzielle Beitrag zum Familienunterhalt bestimmt sich nach dem Einkommen beider Ehegatten.[3] Besteht im Rahmen der Doppelverdiener-Ehe ein unterschiedlich hohes Einkommen, haben beide Ehepartner entsprechend ihrem Einkommen finanziell zum Unterhalt der Familie beizutragen.[4] Die finanzielle Beitragspflicht verringert sich entsprechend dem Umfang der zusätzlich persönlich geleisteten Haushaltsführung.[5] Wahrscheinlich ist es das (unrealistische) Leitbild in der Doppelverdiener-Ehe, dass beide Partner gleichermaßen, das heißt in gleicher Höhe finanziell sowie hauswirtschaftlich zum Familienunterhalt beitragen. Graduelle Abweichungen im Bereich des finanziellen Beitrages ebenso wie im Bereich des Beitrages zur Haushaltsführung stellen das Leitbild der Doppelverdiener-Ehe jedoch nicht in Frage.

Schließlich beinhaltet § 1360 BGB das Leitbild der Zuverdiener-Ehe, in der der haushaltsführende Ehegatte eine Teilzeittätigkeit ausübt und damit quasi die Doppelrolle des Haushaltsführenden auf der einen Seite und des Erwerbstätigen auf der anderen Seite ausfüllt. Der andere Ehegatte geht hingegen einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nach. Auch hier gilt im Prinzip das zuvor Ausgeführte zur Doppelverdiener-Ehe. Der finanzielle Beitrag zum Familienunterhalt bestimmt sich nach dem Einkommen beider Eheleute und entsprechend der unterschiedlichen beruflichen Belastung wird der Beitrag zur Haushaltsführung von jedem Partner ebenso geleistet.

Darüber hinaus hat sich in der Realität ein weiteres Leitbild entwickelt, welches hier als "modernes Leitbild" bezeichnet werden soll. Es ist immer mehr zu beobachten, dass beide Partner in der Ehe – insbesondere wenn Kinder vorhanden sind – einer Teilzeitbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt nachgehen und sich in der verbleibenden Zeit gemeinsam in die Haushaltsführung einbringen und die Kinder entsprechend auch gemeinsam ...

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