Rz. 93

Ansprüche auf Altersteilzeitvergütung in der Freistellungsphase nach Insolvenzeröffnung stellen nach Auffassung der 4. und der 12. Kammer des LAG Düsseldorf Neumasseverbindlichkeit dar.[62] Der Arbeitnehmer erwerbe durch seine Tätigkeit in der Arbeitsphase keinen Entgeltanspruch, sondern einen Anspruch auf bezahlte Freistellung in der Freistellungsphase. Dieser entstehe auch erst in der Freistellungsphase und wandle sich in einen Abgeltungsanspruch bei vertragswidriger Nichtgewährung (durch den Insolvenzverwalter) um.

 

Rz. 94

Ansprüche des Arbeitnehmers aus einem vor Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Altersteilzeitvertrag stellen nach dieser Auffassung unabhängig davon, ob sich der Arbeitnehmer noch in der Arbeitsphase oder schon in der Freistellungsphase befindet, Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO dar. Arbeitsentgelt im Sinne des Altersteilzeitvertrages ist auch das um die Aufstockungsbeträge erhöhte Arbeitsentgelt.

 

Rz. 95

Zum insolvenzrechtlichen Rang von Vergütungsansprüchen in der Altersteilzeit hat das BAG[63] jedoch inzwischen anders entschieden:

Die während der Freistellungsphase zu leistenden Zahlungen sind eine in der Fälligkeit hinausgeschobene Vergütung für die während der Arbeitsphase geleistete, über die hälftige Arbeitszeit hinausgehende Tätigkeit. Das hat in der Insolvenz zur Folge, dass Forderungen, die auf Zeiträume vor der Eröffnung entfallen, lediglich Insolvenz- und keine Masseforderungen sind (§ 108 Abs. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO).
Wird das Insolvenzverfahren während der Freistellungsphase eröffnet, sind die nach der Eröffnung zu leistenden Zahlungen Insolvenzforderungen.
Wird es während der Arbeitsphase eröffnet, ist die nach der Eröffnung verdiente Vergütung Masseforderung. Sie ist dann in der Freistellungsphase "spiegelbildlich" zu dem Zeitraum der Arbeitsphase auszuzahlen, in dem sie verdient wurde.
Hinsichtlich dieser Masseforderungen ist auch ein Betriebserwerber, auf den das Altersteilzeitarbeitsverhältnis übergegangen ist, zur Zahlung verpflichtet. Für Insolvenzforderungen haftet er dagegen nicht.
 

Rz. 96

Für die zeitliche Zuordnung von Arbeitsentgeltforderungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ist nicht maßgeblich, wann die Vergütung gezahlt werden muss, sondern für welchen Zeitraum sie gezahlt wird (Erarbeitungsprinzip). Veräußert der Insolvenzverwalter den Betrieb während der Arbeitsphase des Altersteilzeitverhältnisses, kann sich folglich der Betriebserwerber nicht auf die Rechtsprechung des BAG[64] zur Haftungseinschränkung beim Betriebsübergang in der Insolvenz berufen.[65] Auch die neunte Kammer des LAG Düsseldorf[66] hat inzwischen bestätigt, dass zu den nach § 613a BGB auf den Erwerber übergehenden Pflichten die Verpflichtung auf Ausgleich von Wertguthaben eines Arbeitnehmers aus der Blockphase im Rahmen der Altersteilzeit gehört.

 

Rz. 97

Das BAG hat diese Rechtsprechung inzwischen fortgesetzt und den Insolvenzrang bestimmt.[67] Bei einer Insolvenz des Arbeitgebers während einer Altersteilzeitbeschäftigung im "Blockmodell" hängt der Rang der Gehaltsforderungen des Arbeitnehmers davon ab, ob er sich im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Arbeits- oder in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindet.

Befindet er sich noch in der Arbeitsphase, so sind die nach Insolvenzeröffnung erarbeiten Gehaltsansprüche vorweg zu befriedigende Masseverbindlichkeiten.
Gehaltsansprüche von Altersteilzeit-Beschäftigten in der Freistellungsphase stellen hingegen einfache Insolvenzforderungen dar.[68]
 

Rz. 98

Das BAG führt dazu ergänzend aus:[69] Ansprüche aus einem Altersteilzeitvertrag nach dem Blockmodell, die für die in der Insolvenz des Arbeitgebers liegende Arbeitsphase geschuldet werden, sind Masseverbindlichkeiten. Sie sind Neumasseverbindlichkeiten, soweit sie für die Zeit nach dem ersten Termin geschuldet werden, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte.

 

Rz. 99

Das BAG hat auch zur rechtlichen Qualifizierung von Entgeltansprüchen aus der Rückabwicklung eines Altersteilzeitvertrages in der Insolvenz ausgeführt, dass Ansprüche aus einem Arbeits- bzw. Altersteilzeitverhältnis gem. § 108 Abs. 2 InsO Insolvenzforderungen werden, wenn es sich um solche "für" die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handelt. Die Abgrenzung erfolgt danach, wann die Arbeitsleistung, die den Ansprüchen zugrunde liegt, erbracht wurde. Dagegen kommt es nicht darauf an, wann der Arbeitnehmer die Zahlungen verlangen kann.[70]

 

Rz. 100

Das LAG Hannover hat zum Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den starken Insolvenzverwalter nach Rückabwicklung eines Altersteilzeitverhältnisses inzwischen entschieden:[71] Der Lohnspruch des Arbeitnehmers ist durch die Stellung des Antrags auf Gewährung von Insolvenzgeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen. Da Insolvenzgeld jedoch nur in Höhe der abgesenkten Altersteilzeitvergütung bewilligt wurde, ist der darüber hinausgehende Arbeitsentgeltanspruch mit der ...

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