Rz. 147

Familienangehörige (Ehegatten, Verwandte, Verschwägerte). Familienangehörige können in den verschiedensten Formen zur Erzielung von Einkünften zusammenarbeiten; z.B.

auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage,
in familienhafter Mitarbeit oder
in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
 

Rz. 148

Ob ein Beschäftigungsverhältnis oder andere Formen der Tätigkeit vorliegt, richtet sich nach den oben dargelegten Grundsätzen, d.h. den Umständen des Einzelfalles.[113]

 

Rz. 149

Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Ehegatten – das Gleiche gilt auch für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft –, Verwandten und Verschwägerten i.d.R. weniger stark ausgeprägt ist.[114] Auch hier sind alle Umstände zu würdigen und festzustellen, welche Merkmale überwiegen bzw. der Beziehung das Gepräge geben.[115]

 

Rz. 150

Dabei sind vor allem zu werten:

Die Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb,
die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit,
die vertragliche Regelung (auch bzgl. der Höhe der Geld- sowie Sachbezüge),
das Bestehen eines Entgeltanspruchs (die tatsächliche Zahlung des Arbeitsentgeltes ist nicht unbedingt notwendig),
die Angemessenheit des vereinbarten Entgelts im Verhältnis zu den übertragenen Aufgaben sowie zu der Entlohnung vergleichbarer fremder Arbeitskräfte,
die Umsetzung der vertraglichen Regelungen in der Praxis,
die Entrichtung von Lohnsteuer für das Arbeitsentgelt,
die Qualifizierung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgaben[116]
sowie – bei Ehegatten – der eheliche Güterstand.[117]
 

Rz. 151

Hoher Arbeitseinsatz und Verantwortung reichen nicht aus, die als Angestellte gemeldete Ehefrau eines Alleingesellschafters und -geschäftsführers einer GmbH rückwirkend als Selbstständige zu beurteilen.[118] Das Gleiche gilt, wenn sie an herausragender Stelle weitgehend freie Hand bei ihrer Tätigkeit in dem Unternehmen hat.[119] Für den Arbeitnehmerbegriff bei einem Verwandten des Arbeitgebers ist es unschädlich, dass der Arbeitnehmer an keine feste Arbeitszeit gebunden war und keinen festen Arbeitsort innegehabt hat, solange er trotz familienrechtlicher Bande das maßgebliche Weisungsrecht des Betriebsinhabers respektiert hat. Ebenso schließt das gemeinsame Abstimmen betrieblicher Entscheidungen mit dem Inhaber ein Beschäftigungsverhältnis nicht aus. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht auch der Verzicht auf Arbeitsentgelt für einen längeren Zeitraum nicht entgegen. Das Recht dazu steht einem Arbeitnehmer zu, ohne dass er hierdurch seinen Status verliert.[120]

 

Rz. 152

 

Hinweis

Allen Umständen kommt allerdings nur Indizwirkung zu. Deshalb schließt auch eine erheblich untertarifliche Bezahlung des Ehegatten die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein aus.[121]

 

Rz. 153

Der eheliche Güterstand schließt ein Beschäftigungsverhältnis nur aus, wenn Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) vereinbart worden ist und der Betrieb zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft gehört. In diesem Fall ist der mitarbeitende Ehegatte Mitunternehmer.[122]

 

Rz. 154

Dies ist allerdings ausnahmsweise nicht anzunehmen, wenn die Arbeitsleistung des mitarbeitenden Ehegatten im Vordergrund steht, weil im Betrieb kein nennenswertes, in das Gesamtgut fallendes Kapital eingesetzt wird (z.B. in kleinen Handwerksbetrieben, bei Handelsvertretungen und Freiberuflern).

 

Rz. 155

Die Güterstände der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) und Gütertrennung (§ 1414 BGB) schließen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ebenso wenig aus wie der Güterstand der Gütergemeinschaft, wenn der Betrieb zum Sondergut (§ 1417 BGB) oder Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB) gehört.

 

Rz. 156

Gilt im Beitrittsgebiet der bisherige Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft nach dem Familienrecht der ehemaligen DDR fort[123] und ist der Betrieb gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten i.S.d. § 13 Abs. 1 BGB, kann ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht angenommen werden, es sei denn, die Arbeitsleistung des mitarbeitenden Ehegatten steht deswegen im Vordergrund, weil im Betrieb kein nennenswertes, in das Gesamtgut fallendes Kapital eingesetzt wird.

Vor einer Verneinung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ist grundsätzlich immer zunächst eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen.

 

Rz. 157

Das BSG hält die Auszahlung oder nachvollziehbare Verrechnung des vereinbarten Entgelts zwar für ein gewichtiges Indiz für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses; wird eine Auszahlung oder Verrechnung aber unterlassen, bedeutet dies nicht zwingend, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliegt.[124]

 

Rz. 158

Die Art der Kontoführung ist ein geeignetes Abgrenzungskriterium für die Feststellung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Wenn die Vergütung auf ein betriebliches Konto des Arbeitgebers fließt, über das auch der Beschäftigte verfügen kann, über das ihm aber rechtlich nicht die alleinige Verfügungsmacht ...

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