Rz. 233

Ansprüche auf Arbeitsentgelt begründen nur dann einen Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie einem Insolvenzgeldzeitraum zeitlich zugeordnet werden können (siehe Rdn 240) und noch durchsetzbar sind. Als Insolvenzgeld soll der Arbeitnehmer nur das erhalten, was ihm durch die Insolvenz verloren gegangen ist. Deshalb muss es sich um einen durchsetzbaren Lohnanspruch handeln. Besteht für die Geltendmachung eines tariflichen Lohnanspruchs eine Ausschlussfrist und ist die Lohnforderung nicht tituliert worden, so fehlt es an der erforderlichen Durchsetzbarkeit des entsprechenden Lohnanspruchs, mit der Folge, dass dieser Anspruch auch nicht innerhalb des Anspruchs auf Insolvenzgeld geltend gemacht werden kann.[169]

 

Rz. 234

Nach § 165 Abs. 2 S. 1 SGB III gehören zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Die Zahlungen des Arbeitgebers müssen im weitesten Sinne eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung sein. Dem Anspruch auf Insolvenzgeld steht nicht entgegen, dass der Arbeitsvertrag erst im Insolvenzeröffnungsverfahren (nach Insolvenzantrag des Arbeitgebers) abgeschlossen wurde und dem betreffenden Arbeitnehmer der Insolvenzantrag des Arbeitgebers bekannt war. § 165 Abs. 3 SGB III ist insoweit nicht analog anwendbar.[170]

 

Rz. 235

 

Hinweis

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Leistungen lohnsteuer- oder sozialversicherungspflichtig sind und als was sie bezeichnet werden. Auch Naturalleistungen können Ansprüche auf Arbeitsentgelt darstellen.

 

Rz. 236

Die Bezüge müssen sich aus einem Arbeitsverhältnis ergeben. Den Ansprüchen aus einem Arbeitsvertrag stehen Ansprüche aus einem faktischen Arbeitsverhältnis, einer Betriebsvereinbarung, einer betrieblichen Übung, einem Tarifvertrag oder aus arbeitsgesetzlichen Bestimmungen gleich.

 

Rz. 237

Da das Insolvenzgeld im Insolvenzgeldzeitraum erarbeitetes Arbeitsentgelt sichern soll,[171] ist für jede Ausprägung eines Arbeitsentgeltanspruchs zu prüfen, wie er zeitlich zuzuordnen ist. Dabei ist die Fälligkeit des Entgeltanspruchs allein im Allgemeinen ohne Bedeutung, weil die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit besitzen, bei sich abzeichnender Insolvenz Fälligkeitstermine zu ändern.[172]

 

Rz. 238

Kosten der Zwangsvollstreckung, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der Beitreibung rückständigen Arbeitsentgelts entstanden und nach Zahlung durch den Arbeitgeber in der durch § 367 Abs. 1 BGB bestimmten Tilgungsreihenfolge verrechnet worden sind, mindern nicht die Höhe des für den Anspruch auf Insolvenzgeld maßgeblichen Arbeitsentgelts.[173]

Demgegenüber stellt der Anspruch auf Erstattung des für Reparaturkosten des Firmenwagens verauslagten Betrages keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt i.S.d. § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III dar. Zum Arbeitsentgelt gehören alle Arten von Bezügen aus dem Arbeitsverhältnis, die als Gegenwert für geleistete Arbeit oder das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft angesehen werden können.[174]

 

Rz. 239

Die Arbeitsvertragsparteien können grundsätzlich in diesen Fällen nicht über die Zuordnung von Arbeitsentgelt zum Insolvenzgeldzeitraum disponieren. Laufendes Arbeitsentgelt ist im Allgemeinen unproblematisch dem Zeitraum zuzuordnen, in dem es erarbeitet wurde (Erarbeitungsprinzip). Dies gilt auch bei einer rückwirkenden Lohnerhöhung. Ein Entgeltanspruch, der nur teilweise im Insolvenzgeldzeitraum erarbeitet wurde, kann auch nur teilweise bei der Berechnung des Insolvenzgeldes berücksichtigt werden.

[171] BSG v. 1.12.1976, SozR 4100 § 141b Nr. 2 und BSG v. 1.12.1976, SozR 4100 § 141b Nr. 8; BSG v. 25.6.2002, SozR 3–4100 § 141b Nr. 24.
[173] BSG v. 7.10.2009, Die Sozialgerichtsbarkeit 2009, 712.
[174] LSG NRW v. 1.10.2009, Breithaupt 2010, 372.

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