Rz. 398

Nach § 320 Abs. 2 SGB III hat der Insolvenzverwalter auf Verlangen der Arbeitsagentur das Insolvenzgeld zu errechnen und auszuzahlen, wenn ihm dafür geeignete Arbeitnehmer des Betriebs zur Verfügung stehen und die Arbeitsagentur die Mittel für die Auszahlung des Insolvenzgeldes bereitstellt. Es steht somit im Ermessen der Arbeitsagentur, ob der Insolvenzverwalter zu den genannten Aufgaben herangezogen wird.

 

Rz. 399

 

Praxistipp

Der Insolvenzverwalter kann die Heranziehung zur Auszahlung des Insolvenzgeldes ausnahmsweise ablehnen, wenn ihm geeignete Arbeitnehmer des Betriebes nicht zur Verfügung stehen, um das Insolvenzgeld zu errechnen und auszuzahlen.

 

Rz. 400

Für die Errechnung und Auszahlung des Insolvenzgeldes werden dem Insolvenzverwalter keine Kosten erstattet, § 320 Abs. 2 S. 3 SGB III.

Falls der Insolvenzverwalter seine Verpflichtung zur Errechnung und Auszahlung des Insolvenzgeldes nicht erfüllt, ist er der Arbeitsagentur zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet (§ 321 Nr. 4 SGB III). Ein eventueller Schadensersatzanspruch (siehe auch Rdn 406 f., 411) ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen,[263] gegen den Widerspruch und ggf. Klage zum Sozialgericht erhoben werden kann.

 

Rz. 401

Der Schadensersatzanspruch verjährt analog § 852 BGB in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem die Arbeitsagentur von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, und ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung an.

 

Rz. 402

Nach § 314 Abs. 1 SGB III hat der Insolvenzverwalter auf Verlangen der Agentur für Arbeit für jeden Arbeitnehmer, für den ein Anspruch auf Insolvenzgeld in Betracht kommt, die Höhe des Arbeitsentgelts für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses, die der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorausgehen, sowie die Höhe der gesetzlichen Abzüge und der zur Erfüllung der Ansprüche auf Arbeitsentgelt erbrachten Leistungen zu bescheinigen. Des Weiteren hat er zu bescheinigen, ob und wieweit Ansprüche auf Arbeitsentgelt gepfändet, verpfändet oder abgetreten sind. Der Arbeitnehmer hat demgegenüber gegen den Insolvenzverwalter keinen Anspruch auf Erteilung einer Insolvenzgeldbescheinigung mit einem bestimmten Inhalt.[264] Tarifliche Ausschlussfristen gelten auch für den Rechtsnachfolger wie die Bundesagentur für Arbeit, auf die ein Anspruch kraft Gesetz übergegangen ist. Dabei werden Ansprüche, die bereits tariflich verfallen sind, durch eine später ausgestellte Insolvenzgeldbescheinigung nicht neu begründet.[265]

 

Rz. 403

Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber bzw. Insolvenzverwalter und der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Insolvenzgeldbescheinigung sind öffentlich-rechtlicher Natur und somit vor den Sozialgerichten zu verhandeln.[266]

 

Rz. 404

 

Hinweis

Dabei hat er den von der Bundesagentur für Arbeit vorgesehenen Vordruck zu benutzen.[267] Wenn die Insolvenzgeldbescheinigung nach § 36a SGB I übermittelt und ohne Datenerfassung in die EDV der Arbeitsagentur übernommen wird, sind die zusätzlich aufgenommenen Daten (Anschrift, Übermittlungsweg) erforderlich, um die Sachangaben dem entsprechenden Insolvenzgeldantrag eindeutig zuordnen zu können.

 

Rz. 405

 

Hinweis

Wird ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet oder nach § 207 InsO eingestellt, hat der Arbeitgeber die Pflichten des Insolvenzverwalters zu erfüllen.

 

Rz. 406

Füllt der Insolvenzverwalter die Insolvenzgeldbescheinigung nach § 314 SGB III nicht, nicht richtig oder nicht vollständig aus, hat er der Arbeitsagentur gem. § 321 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Schadensersatz zu leisten, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Diese Verpflichtung trifft im Falle des § 314 Abs. 2 SGB III (Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens oder Einstellung nach § 207 InsO) auch den Arbeitgeber. Die Rechtsprechung zum Schadensersatz für unrichtig ausgefüllte Arbeitsbescheinigungen ist auch auf die entsprechenden Fälle der Insolvenzgeldbescheinigung anzuwenden. Danach muss sich die Bundesagentur für Arbeit Mitverschulden ihrer Bediensteten (§ 254 BGB) auf ihren Schadensersatzanspruch nach § 321 SGB III anrechnen lassen. Ein Mitverschulden i.S.v. § 254 BGB ist gegeben, wenn der Bedienstete Angaben aus der Arbeitsbescheinigung ungeprüft übernommen hat, obwohl sich ihm erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit hätten aufdrängen müssen, z.B. bei einem überschlägigen Vergleich der Zahlen auf der Arbeitsbescheinigung.

 

Rz. 407

Die Bundesagentur für Arbeit ist verpflichtet zu versuchen, die aufgrund falscher Angaben in der Arbeitsbescheinigung überzahlten Leistungen zunächst vom Leistungsempfänger zurückzufordern, sofern dies hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; andernfalls liegt ein Verstoß gegen die aus § 254 BGB abzuleitende Schadensminderungspflicht vor.

Der Leistungsempfänger und der Arbeitgeber haften nicht als Gesamtschuldner. Deshalb steht der Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit, zunächst gegen den Leistungsempfänger vorzugehen, insoweit nichts im Wege.[268]

 

Rz. 408

Insolvenzverwalter und Arbeitgebe...

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