Rz. 37

§ 831 BGB enthält einen deliktischen Anspruchstatbestand, der zu einer wesentlichen Beweiserleichterung für den Geschädigten führt. Dennoch wird der Tatbestand häufig übersehen.

Gem. § 831 Abs. 1 BGB haftet derjenige, der einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, für den Schaden, den der "Verrichtende" (richtig: Verrichtungsgehilfe) bei der Ausführung seiner Verrichtung einem anderen zufügt. Anknüpfungspunkt für die Verschuldensprüfung ist dabei nicht das etwaige fremde Verschulden des Verrichtungsgehilfen bei der Verursachung des Schadens, sondern das eigene Verschulden des Geschäftsherrn bei der Auswahl, Überwachung und Leitung des Verrichtungsgehilfen.

Aus § 831 Abs. 1 BGB folgen zwei für die Praxis wichtige Vermutungen, nämlich dass

der Schadeneintritt auf einer schuldhaften Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Auswahl, Überwachung und Leitung des Verrichtungsgehilfen durch den Geschäftsherrn beruht und
zwischen dem vermuteten Verschulden und dem Schadeneintritt ein ursächlicher Zusammenhang besteht (haftungsbegründende Kausalität).

Aufgabe des Geschäftsherrn ist es deshalb, die vorgenannten Vermutungen zu entkräften und zu widerlegen. Da an den Entlastungsbeweis hohe Anforderungen gestellt werden, gelingt er nur in sehr seltenen Fällen.

 

Rz. 38

Letztendlich ist eine Haftung aus § 831 BGB (wie auch § 823 BGB) angesichts der nunmehr bestehenden umfassenden Gefährdungshaftung, die einen Schmerzensgeldanspruch einschließt, i.d.R. ohne eigenständige haftungsrechtliche Bedeutung. Selbst wenn Halter und Geschäftsherr divergieren wird angesichts der umfassenden Haftung des Kfz-Haftpflichtversicherers kein Interesse an einer gesonderten Inanspruchnahme des Geschäftsherrn bestehen. Ein eigenständiger Anwendungsbereich wird für § 831 BGB daher beispielsweise für die seltenen Fälle verbleiben, wo finanzschwache Halter und der solvente Geschäftsherr verschieden sind und keine Kfz-Haftpflichtversicherung besteht. Ein besonderer Anwendungsbereich ergibt sich auch zur Begründung eines Ausgleichsanspruchs des Leasinggebers gegenüber dem Leasingnehmer, der ggf. sogar ein Gesamtschuldverhältnis mit der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners begründen kann.

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