Rz. 3

Nachdem beide Bereiche für die wesentlichen Fälle inhaltlich gleich geregelt sind, kann aus Gründen der Übersichtlichkeit im Rahmen des Umfangs dieser Darstellung der gesetzliche Unfallschutz wie der beamtenrechtliche Unfallschutz zusammen vorgestellt werden. Insbesondere die beamtenrechtliche Rechtsprechung lehnt sich ausdrücklich an die Rechtsprechung zum Sozialversicherungsrecht an.

I. Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit/dem Dienst – unmittelbarer Weg

 

Rz. 4

Unfallrechtlicher bzw. beamtenrechtlicher Unfallschutz für einen Unfall, den ein Versicherter/Beamter auf dem Weg zur oder von der Dienststelle erleidet, ist nur zu gewähren, wenn der zur oder von der Arbeits-/Dienststelle führende Weg in der Tätigkeit/im Dienst seine wesentliche Ursache hat, wenn also andere mit dem Dienst nicht zusammenhängende Ursachen für das Zurücklegen des Weges in den Hintergrund treten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts[3] steht nicht jeder Arbeitsweg nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII unter Versicherungsschutz, sondern nur der unmittelbare Weg. Es muss ein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Zurücklegung des Weges bestehen. Dieser innere Zusammenhang setzt voraus, dass das Zurücklegen des Weges wesentlich dazu zu dienen bestimmt ist, den Ort der Tätigkeit zu erreichen, wobei maßgebend die Handlungstendenz ist. Fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet ein Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt. Während einer vorübergehenden Unterbrechung besteht Versicherungsschutz nur dann weiter, wenn die eingeschobene Verrichtung ihrerseits im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, wobei ganz kurze und geringfügige Unterbrechungen den Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit auch dann nicht beseitigen, wenn sie eigenwirtschaftlicher Natur sind. Um solche rechtlich nicht ins Gewicht fallende Ereignisse handelt es sich, wenn der Vorgang zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist, oder anders ausgedrückt, wenn die Besorgung hinsichtlich ihrer Dauer und Art der Erledigung keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf die Arbeitsstätte darstellt. Geringfügig ist eine Unterbrechung dann, wenn die private Besorgung unmittelbar im Bereich des Arbeitswegs und ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung, also gleichsam im Vorbeigehen erledigt werden kann.

Dienst-/Unfallschutz ist demnach in der Regel nur dann gegeben, wenn sich der Versicherte/Beamte auf dem – unmittelbaren/kürzesten – Weg zwischen seiner Dienststelle und seiner regelmäßigen häuslichen Unterkunft befindet, um sich zum Dienst zu begeben oder aus dem Dienst in seinen privaten Lebensbereich zurückzukehren. Weicht der Versicherte/Beamte auf dem Weg zum oder vom Dienst von dem normalerweise zum Erreichen der Dienststelle oder der Wohnung gebotenen Weg um eines privaten Zweckes willen ab, so steht der vom üblichen Weg abweichende, aus wesentlich eigenwirtschaftlichen Gründen gewählte Teil des Weges nicht unter Unfallfürsorge. Wird nach der Unterbrechung der Weg auf der unmittelbaren Strecke fortgesetzt, so greift die Unfallfürsorge wieder ein.[4] Dabei darf es sich aber nur um eine Unterbrechung handeln, wie sie beim Zurücklegen eines Weges typischerweise auftritt.

 

Rz. 5

 

Beispiel

Umweg, um Geld am Geldautomaten abzuheben unterbricht den Zusammenhang mit der Tätigkeit/dem Dienst. Liegt der Geldautomat auf dem kürzesten Weg zur Arbeitsstelle, ist der Zusammenhang nicht unterbrochen.

 

Rz. 6

Auch das Zurückkehren in die Wohnung, um einen vergessenen Gegenstand zu holen, für den ein betrieblicher/dienstlicher Bezug nicht erkennbar ist, unterbricht den Unfallzusammenhang. Wird der Weg ab dem Unterbrechungspunkt fortgesetzt, so lebt der Unfallschutz wieder auf.[5] Bei längeren Unterbrechungen wird der Zusammenhang mit dem Dienst gelöst. Das ist etwa der Fall, wenn auf dem Weg von der Arbeits-/Dienststelle eine mehrstündige Reparatur an dem zur Fahrt benötigten Kraftfahrzeug durchgeführt wird.[6]

Ein Umweg wegen eines Staus stellt dann einen als dienst-/unfallrechtlich anzuerkennenden Weg dar, wenn durch den Umweg eine Zeitersparnis eintritt und die kürzeste Umfahrungsstrecke gewählt wird.[7] Dabei ist auch zu beachten, dass den Versicherten/Beamten die Beweislast trifft. Lässt sich nicht mehr aufklären, ob ein Stau vorlag, geht das zu Lasten des Betroffenen.[8] Nicht jede Handlung auf dem Arbeitsweg ist vom Unfallschutz umfasst. Vielmehr muss das konkrete Handeln des Versicherten/Beamten zur Fortbewegung auf dem Weg zur oder von der versicherten Tätigkeit/Dienst gehören. Ein Sturz auf dem Bahnsteig, dessen Ursache – Fortbewegung/Warten/Stolpern/Ausrutschen/Anrempeln/Anstoßen an eine Vitrine – nicht aufgeklärt werden kann, kann aufgrund der den Betroffenen treffenden Beweislast nicht dem Wegeunfallschutz unterstellt werden.[9]

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