Rz. 1

Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen (§ 47 Abs. 1 S. 1 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern – Beamtenstatusgesetz /BeamtStG). Auch verkehrsrechtliche Verstöße können insofern beamtenrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen. So kann der Beamte z.B. durch eine strafrechtlich nach § 316 StGB geahndete private Trunkenheitsfahrt seine Dienstpflichten verletzt haben, indem er rechtswidrig und schuldhaft (fahrlässig) gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) und gegen die Pflicht, die Gesetze zu beachten (§§ 33 Abs. 1, 36 Abs. 1 BeamtStG), verstoßen und dadurch ein außerdienstliches Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG) begangen hat.[1] Maßgebend für eine beamtenrechtliche Reaktion sind – je nach Fall – das Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern – Beamtenstatusgesetz/BeamtStG, das jeweilige Landesbeamtengesetz, die jeweiligen landesrechtlichen disziplinarrechtlichen Regelungen, das Bundesbeamtengesetz oder das Bundesdisziplinargesetz.[2] So sind z.B. nach § 5 Bundesdisziplinargesetz (BDG) folgende Disziplinarmaßnahmen möglich: Verweis (§ 6 BDG), Geldbuße (§ 7 BDG), Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG),[3] Zurückstufung (§ 9 BDG)[4] und Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG).[5] Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte sind Kürzung des Ruhegehalts (§ 11 BDG) und Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12 BDG). Auch Beamte auf Probe[6] und Beamte auf Widerruf können betroffen sein (vgl. § 5 Abs. 3 BDG, § 34 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 sowie § 37 des Bundesbeamtengesetzes; vgl. auch § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BeamtStG i.V.m. dem jeweiligen Landesrecht).[7]

 

Rz. 2

Disziplinarrecht und Strafrecht sind in ihrem Wesen verschieden. Eine Disziplinarmaßnahme kann neben einer Kriminalstrafe verhängt werden, ohne dass gegen das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) verstoßen wird.[8] Das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert.[9]

 

Rz. 3

BVerwG und BVerfG halten die allgemeine Gesetzestreue eines Beamten nach wie vor für eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums.[10] Die uneigennützige, nicht auf einen privaten Vorteil bedachte Amtsführung der Beamten stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Sie ist unverzichtbar, um das notwendige Vertrauen der Bevölkerung darauf zu erhalten, dass sich die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert. Dieses Vertrauen wird beeinträchtigt, wenn der Anschein entsteht, ein Beamter nutze seine Amtsstellung oder seine dienstliche Tätigkeit aus, um private Vorteile zu erzielen. Er muss jeden Eindruck vermeiden, dienstliche Tätigkeit oder Auftreten könnten beeinflusst werden. Daher darf sich ein Beamter nicht für einen Vorteil offen zeigen, wenn sich ein dienstlicher Bezug nicht ausschließen lässt.[11] Auch nach heutiger Anschauung ist ein – auch außerdienstlicher – Verstoß gegen Rechtsnormen, die wichtige Gemeinschaftsinteressen schützen, geeignet, das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Dienstausübung des Berufsbeamten zu erschüttern. Die Wertung einer Trunkenheitsfahrt als Dienstvergehen von nicht unerheblichem Gewicht, das wegen einer einschlägigen Vortat eine erhebliche Ansehensschädigung bewirkt und eine disziplinäre Reaktion erfordert, ist zunächst einmal nachvollziehbar und frei von Willkür.[12]

 

Rz. 4

Ein Dienstbezug ist nicht allein in den Fällen gegeben, in denen der Beamte auf seinem Dienstposten mit gerade denjenigen Aufgaben befasst war, die Gegenstand des ihm zur Last gelegten außerdienstlichen Fehlverhaltens sind. Es genügt, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt.[13]

 

Rz. 5

Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes erfüllt den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 S. 2 BBG erfüllt sind (ebenso § 77 Abs. 1 S. 2 BBG a.F.). Es muss nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet sein, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens nach diesen Kriterien ist von der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG zu unterscheiden.[14]

 

Rz. 6

Bei außerdienstlichem Verhalten ist ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 34 S. 3 BeamtStG Tatbestandsmerkmal eines Dienstvergehens. Nur wenn durch das Verhalten des Beamten Ansehen und Vertrauen in Bezug auf sein konkretes Amt beeinträchtigt werden, liegt eine Pflichtverletzung nach § 34 S. 3 i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG vor. Den Tatbestand eines Dienstvergehens verwirklicht ein derartiges pflichtwidriges außerdienstliches Verhalten nur, w...

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