Rz. 58

Soweit auf das Erwerbsverhalten des Beschäftigten abgestellt wird, setzt die Berufsmäßigkeit einer Beschäftigung zunächst einmal voraus, dass die Beschäftigung für die ­jeweilige Person von nicht nur untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Berufsmäßigkeit wird mit anderen Worten angenommen, wenn die entsprechende Beschäftigung dem Lebensunterhalt überwiegend oder jedenfalls in einem solchen Umfang dient, dass die wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil darauf beruht.[23] Zur Abgrenzung behilft man sich überwiegend mit dem Begriff einer gewissen Regelmäßigkeit, mit der die betreffende Tätigkeit in Abgrenzung zur nur gelegentlichen, nicht berufsmäßigen Tätigkeit ausgeübt wird.[24]

 

Rz. 59

Dabei ist nicht jede Tätigkeit, die wiederholt ausgeübt wird, zwingend bereits berufsmäßig. Das BSG geht vielmehr davon aus, dass auch eine wiederholte Tätigkeit geringfügig sein kann, wenn sie in größeren Abständen aufgenommen oder wenn der betreffende Arbeitnehmer hauptsächlich anderweitig in Anspruch genommen wird.[25]

 

Rz. 60

Entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls. Wie lange der Beschäftigte je Tag arbeitet, ist weniger relevant als die Frage, ob er die Tätigkeit häufig und voraussehbar ausübt.[26] Letzteres ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Geschäftsbetrieb des Arbeitgebers systematisch und strukturell darauf angelegt ist, auf die Arbeitskraft des geringfügig Beschäftigten zurückzugreifen.[27] Insbesondere kommt es für das Vorliegen einer Regelmäßigkeit nicht darauf an, ob die jeweiligen Arbeitseinsätze im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses von vornherein feststehen oder von Mal zu Mal vereinbart werden. Vielmehr kann Regelmäßigkeit auch vorliegen, wenn der Beschäftigte zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereitsteht, ohne verpflichtet zu sein, jeder Aufforderung zur Arbeitsleistung Folge zu leisten.[28]

 

Rz. 61

Steht von Beginn der Beschäftigung an fest, dass sich die Arbeitseinsätze des Beschäftigten wiederholen werden, liegt eine regelmäßige Beschäftigung vor.[29] Das gilt insbesondere auch dann, wenn Einzelheiten vorab in Rahmenverträgen festgelegt wurden.

 

Rz. 62

Solche Rahmenverträge sind jedenfalls dann Dauerarbeitsverhältnisse, wenn sie eine Laufzeit von mehr als einem Jahr haben und auf ständige Wiederholung gerichtet sind.[30] In diesen Fällen kann keine gelegentliche Tätigkeit und folglich auch keine kurzfristige Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vorliegen. Sind Rahmenvereinbarungen hingegen über mehrere Jahre (oder unbefristet) getroffen und richten sie sich zwar auf wiederholende Arbeitseinsätze von maximal siebzig Arbeitstagen je Kalenderjahr, die aber unvorhersehbar und insbesondere auch ohne Bestehen einer Abrufbereitschaft zu unterschiedlichen Anlässen ohne erkennbaren Rhythmus abgeleistet werden sollen und ist der Betrieb des Arbeitgebers nicht strukturell auf den Einsatz solcher Arbeitskräfte ausgerichtet, so liegt keine regelmäßige, sondern eine gelegentliche Beschäftigung vor.[31]

 

Rz. 63

Das BSG betont in neueren Entscheidungen, dass die bisherige Rechtsprechung zu Rahmenverträgen mit einer Dauer von mehr als einem Jahr nicht den Umkehrschluss rechtfertige, dass Tätigkeiten aufgrund von Rahmenverträgen von bis zu einem Jahr nicht ­regelmäßig seien.[32] Dennoch gehen die Geringfügigkeits-Richtlinien bei solchen Rahmenvereinbarungen mit einer Laufzeit von höchstens einem Jahr davon aus, dass keine Regelmäßigkeit und mithin keine Berufsmäßigkeit besteht, dass eine kurzfristige Beschäftigung also möglich ist, sofern die Rahmenvereinbarung auf Arbeitseinsätze von maximal siebzig Arbeitstagen gerichtet ist.[33]

 

Rz. 64

 

Beispiele (nach BSG-Entscheidungen)

Die Reinigungskraft, die dauerhaft jeden Tag zwei Stunden oder jede zweite Woche vier Stunden putzen soll, ist regelmäßig beschäftigt, und zwar ungeachtet der Frage, ob der Rahmenvertrag nun auf bis zu ein Jahr befristet war oder längerfristig angelegt ist.
Der Student der Betriebswirtschaft arbeitet neben dem Studium bei einem Geldinstitut. Sein unbefristeter Vertrag sieht einen Einsatz an jeweils den letzten vier Arbeitstagen im Kalendermonat und ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 EUR vor. Auch dieser Student ist regelmäßig beschäftigt.
Wird ein Mitarbeiter bei unerwarteten Arbeitskraftausfällen oder bei einem unerwarteten Personalbedarf tätig, der durch saisonale Schwankungen aufgrund besonderer Angebote bedingt ist, oder wird er für Dekorationsarbeiten (nur) dann eingesetzt, wenn die Geschäftsführerin des Arbeitgebers selbst diese Arbeiten aufgrund saisonaler oder personeller Engpässe nicht allein nachkommen kann, liegt eine gelegentliche und damit potentiell zeitgeringfügige Tätigkeit vor. Das gilt jedenfalls dann, wenn keine Abrufbereitschaft besteht und auch ein Einsatz als "Springer" nicht vereinbart ist, sondern sich die Parteien über den Arbeitsanfall und die Tätigkeit im Einzelfall abstimmen.[34]
 

Rz. 65

Liegt zwischen zwei Rahmenverträgen ein Zeitraum von wenigs...

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