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Ein zwischen Verstoß und Aburteilung liegender längerer Zeitraum kann sich auf Bestand, Dauer und Ausgestaltung eines Fahrverbotes auswirken. Zwar gelten hier kein Automatismus und keine bindenden Regeln, wonach nach einem bestimmten Zeitablauf von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen wäre (OLG Zweibrücken zfs 2019, 174), bei einem Zeitraum von annähernd zwei Jahren muss das Gericht aber prüfen, ob das Fahrverbot noch seinen Sinn als Erziehungsmaßnahme erfüllen kann. Das gilt namentlich, wenn eine rechtsstaatswidrige Verzögerung eingetreten ist (OLG Bamberg zfs 2009, 229).

Keine einheitliche Meinung besteht dazu, wie der maßgebliche Zeitraum zu berechnen ist, ob bis zur Entscheidung des Tatrichters (so OLG Hamm DAR 2012, 340; OLG Zweibrücken zfs 2018, 113) oder bis zu der der Rechtsmittelinstanz (so OLG Bremen DAR 2014, 588; OLG Koblenz zfs 2014, 530).

Voraussetzung ist jedoch in allen Fällen, dass der Betroffene die Verfahrensverzögerung nicht zu vertreten hat (z.B. durch wiederholte Verlegungsanträge), wobei ihm das Ausschöpfen von Rechtsmitteln selbstverständlich nicht zum Nachteil gereichen kann (OLG Hamm NZV 2006, 50; OLG Bamberg DAR 2018, 91).

Während vereinzelt (OLG Hamm DAR 2012, 340) der Sinn eines Fahrverbotes erst nach mehr als zwei Jahren in Frage gestellt wird, sieht die h.M. diese Grenze spätestens bei zwei Jahren (OLG Bremen DAR 2014, 588; OLG Koblenz zfs 2014, 530; OLG Dresden zfs 2014, 348; OLG Schleswig zfs 2015, 235), teilweise auch schon früher (19 Monate, OLG Koblenz DAR 2018, 452 oder 20 bzw. 21 Monate, OLG Zweibrücken NZV 2014, 479; DAR 2011, 644) als erreicht an.

 

Tipp: Mehrmonatiges Fahrverbot

Selbst wenn eine längere Verfahrensdauer im Einzelfall ein Absehen vom Fahrverbot noch nicht rechtfertigt, kann sie die Reduzierung eines mehrmonatigen Fahrverbotes begründen (OLG Frankfurg zfs 2004, 283; OLG Hamm DAR 2006, 100).

 

Achtung: Erhöhung des Bußgeldes nicht zulässig

Eine Erhöhung des Bußgeldes im Gegenzug für den Wegfall des Fahrverbotes ist in diesen Fällen nicht zulässig, denn dies würde voraussetzen, dass die Verhängung des Fahrverbotes im Zeitpunkt der Entscheidung zulässig wäre. Das ist jedoch dann nicht mehr der Fall, wenn wegen des vergangenen längeren Zeitraumes die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbotes nicht mehr vorlagen (OLG Karlsruhe zfs 2011, 231; OLG Koblenz zfs 2014, 530).

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