Rz. 426

Testamente können von mehreren Personen – auch wenn sie nicht miteinander verheiratet sind – gemeinschaftlich (joint wills) und gegenseitig (mutual wills) errichtet werden. Die getroffenen Verfügungen bleiben jedoch jederzeit widerruflich. Insoweit ist allenfalls eine Verpflichtung des Erblassers auf schuldrechtlicher Ebene zulässig, ein bestimmtes Testament zu errichten bzw. nicht mehr abzuändern oder zu widerrufen (contract not to revoke). Diese Vereinbarung lässt die Möglichkeit zum Widerruf der Verfügungen (auf erbrechtlicher Ebene) unberührt. Die Verletzung dieser Verpflichtung kann allerdings dazu führen, dass der Nachlass zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet wird (vgl. hierzu bereits oben England Rdn 172) oder der Überlebende hinsichtlich des vom Vorverstorbenen ererbten Nachlasses nicht als endgültiger Eigentümer behandelt wird, sondern nur als trustee, der dieses Vermögen für die im gemeinschaftlichen Testament bedachten "Schlusserben" als Treuhänder hält.

 

Rz. 427

Regelmäßig muss eine derartige Testiervereinbarung schriftlich und vor zwei Zeugen abgeschlossen werden. Der contract not to revoke kann entweder unmittelbar in das gemeinschaftliche Testament aufgenommen werden oder separat abgeschlossen werden. Im letzteren Fall sollte das gemeinschaftliche Testament ausdrücklich auf diesen Vertrag verweisen. Da die Rspr. einiger US-Staaten der Ansicht folgte, dass ein gegenseitiges Testament einen Anscheinsbeweis für einen contract not to revoke begründe,[223] bestimmen die Gesetze vieler US-Staaten nun ausdrücklich, dass aus der Abfassung eines joint will oder eines mutual will noch nicht auf den Abschluss eines contract not to revoke geschlossen werden dürfe. In der Praxis spielt der Testiervertrag offenbar keine Rolle. Die Ziele lassen sich sehr viel sicherer und flexibler mit Hilfe eines trust erreichen.

 

Rz. 428

Muster 26.70: contract not to revoke

 

Muster 26.70: contract not to revoke

_________________________ hat ein Testament mit einem Vermächtnis in Höhe von 30 % seines Nachlasses zugunsten von _________________________ errichtet. Da diese Zuwendung unwiderruflich sein soll, verpflichtet _________________________ sich hiermit nun, das Vermächtnis insoweit nicht zu widerrufen. Für den Fall des Verstoßes gegen diese Verpflichtung soll der _________________________ als Schadensersatz gegen meinen Nachlass Anspruch auf einen Betrag erhalten, der dem Wert des entgangenen Vermächtnisses entspricht. Dabei muss _________________________ sich den Wert aller Vorteile anrechnen lassen, die er auf andere Weise aus meinem Nachlass erhält. Als Gegenleistung hierzu verpflichtet _________________________ sich dazu, _________________________.

Diese vertragliche Vereinbarung unterliegt dem Recht von Florida.

[Unterschrift beider Vertragsbeteiligter und der Testamentszeugen]

 

Rz. 429

Zu beachten ist, dass ein derartiger Vertrag nach common law nur dann wirksam ist, wenn eine Gegenleistung (consideration) erfolgt. Diese kann z.B. auch in einer entsprechenden Verpflichtung des Begünstigten zur Errichtung einer Verfügung von Todes wegen liegen. Das deutsche Recht untersagt den Testiervertrag in § 2302 BGB. Die in das Muster aufgenommene Rechtswahl rettet den Vertrag daher nur, wenn man diesen Vertrag schuldrechtlich qualifiziert und daher die Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO anerkennt. Sollte man den Testiervertrag aber erbrechtlich qualifizieren (Erbvertrag i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. b EuErbVO),[224] wäre die Verpflichtung nur wirksam, soweit der vom Vertrag betroffene Nachlass dem Erbrecht eines US-Staates unterliegt.

 

Rz. 430

Unklar ist, ob der contract not to revoke in irgendeiner Weise Verfügungen unter Lebenden beschränkt. Der gebundene Ehegatte könnte daher durch Schenkung unter Lebenden oder Einbringung seines Vermögens in einen trust den Vertragspartner beeinträchtigen, ohne einen Schadensersatzanspruch auszulösen. Sicherer als die Errichtung eines derartigen Testiervertrags ist es daher regelmäßig, wenn die Beteiligten ihr Vermögen in einen gemeinsam inter vivos errichteten trust einbringen, den sie zunächst gemeinsam und später der Überlebende allein verwalten (siehe hierzu oben Rdn 132), oder sie erwerben den betroffenen Gegenstand in joint tenancy (siehe oben Rdn 189).

[223] Dukeminier/Johanson/Lindgren/Sitkof, Wills, Trusts and Estates, 7. Aufl. 2005, S. 288.
[224] So z.B. Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn 406.

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