Rz. 195

Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, Art. 735 c.c. In zweiter Ordnung erben die Eltern jeweils zu einem Viertel und Geschwister zu der anderen Hälfte, Art. 738 c.c. Das einem vorverstorbenen Elternteil gebührende Viertel wächst den Geschwistern des Erblassers zu, Art. 738 Abs. 2 c.c. In den weiteren Erbordnungen wird der Nachlass auf die mütterliche und die väterliche Linie hälftig geteilt, Art. 738–1 c.c. (fente).

 

Rz. 196

Der überlebende Ehegatte – das gilt gleichermaßen für die heterosexuelle wie für die homosexuelle Ehe – erbt neben Abkömmlingen nach seiner Wahl einen Nießbrauch am gesamten Nachlass oder ein Viertel der Erbschaft zu vollem Eigentum, Art. 757 c.c. Die Nichtausübung der Wahl gilt als Option für den Nießbrauch, Art. 758–3 f. c.c. Hinterlässt der Erblasser Kinder, die Stiefkinder des überlebenden Ehegatten sind, so erhält der Ehegatte aber zwingend das Viertel zu vollem Eigentum. Eine weitere Einschränkung des Ehegattennießbrauchs[98] ergibt sich aus dem Recht der Abkömmlinge, nach Eintritt des Erbfalls die Umwandlung des Nießbrauchs in eine Leibrente zu verlangen (Umsetzungsrecht).

 

Rz. 197

Zusätzlich zum Erbrecht erhält der Ehegatte gem. Art. 764 c.c. ein lebenslanges dingliches Wohn- und Nutzungsrecht an der Wohnung – welches auf sein Erbrecht aber angerechnet wird. Bei einer Mietwohnung beschränkt sich dieses Recht auf die Einrichtung, Art. 765–2 c.c. Neben Eltern des Erblassers erhält der Ehegatte die Hälfte als Erbe, Art. 757–1 Abs. 1 c.c. Ist einer der Eltern vorverstorben, fällt auch dessen Viertel dem Ehegatten zu, Art. 757–1 Abs. 2 c.c. Sind beide Eltern vorverstorben, wird der Ehegatte gesetzlicher Alleinerbe, Art. 757–2 c.c.

 

Rz. 198

 

Beachte

Nur die Scheidung schließt gem. Art. 732 c.c. das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten aus, die faktische oder gerichtliche Trennung und Rechtshängigkeit einer Scheidungsklage aber noch nicht. Er muss daher in einem solchen Fall ausdrücklich testamentarisch enterbt werden.

 

Rz. 199

Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge des Erblassers. Die Pflichtteilsquote – also der nicht frei verfügbare Teile des Nachlasses – beträgt die Hälfte für das einzige Kind, ⅔ für 2 Kinder und ¾ für drei und mehr Kinder. Das Pflichtteil der Aszendenten ist im Rahmen der Erbrechtsreform 2006 abgeschafft worden. Der überlebende Ehegatte hat gem. Art. 914–1 c.c. ein Pflichtteil in Höhe von einem Viertel des Nachlasses erst dann, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlassen hat. Im Rahmen der ersten Erbordnung hat er ein zwingendes Recht in Form eines einjährigen Wohnrechts gem. Art. 763 c.c., und nach Art. 767 c.c. bei Bedürftigkeit einen Anspruch auf eine Unterhaltsrente.

 

Rz. 200

Eine Einschränkung der Pflichtteile ergibt sich für von Verfügungen zugunsten des Ehegatten (Art. 1094–1 c.c.). Danach kann der Erblasser dem Ehegatten zuwenden:

die verfügbare Quote – also je nach Kinderzahl ½ bis ¼ – zu Eigentum;
¼ zu Eigentum und an dem Rest einen Nießbrauch; oder
den Nießbrauch am gesamten Nachlass.
 

Rz. 201

Muster 26.36: Maximale Begünstigung des Ehegatten

 

Muster 26.36: Maximale Begünstigung des Ehegatten

Soweit mein Nachlass dem französischen Erbrecht unterliegt, setze ich für den Fall, dass mein Ehegatte mich überlebt und zum Zeitpunkt des Erbfalls die Ehe weder gerichtlich getrennt ist noch ein Antrag auf Scheidung gerichtlich anhängig ist, meinen Ehegatten zum Vermächtnisnehmer in Bezug auf den gesamten Nachlass (légataire universel) ein.

Sollten zum Zeitpunkt des Erbfalls pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge vorhanden sein, so vermindert sich das Vermächtnis wie folgt:

Mein Ehegatte erhält nach seiner eigenen Wahl

die gesamte nach Gesetz zugunsten des Ehegatten testamentarisch frei verfügbare Quote zu Eigentum; oder
den Nießbrauch am gesamten bzw. größtmöglichen Teil des Nachlasses; oder
den größtmöglichen Teil des Nachlasses zu Eigentum und einen Nießbrauch an dem Rest.[99]
 

Rz. 202

 

Hinweis

Der Partner aus einem sog. Pacte civil de solidarité(PACS) hat nach französischem Recht kein gesetzliches Erbrecht. Partner aus einer in Deutschland begründeten eingetragenen Lebenspartnerschaft sollten daher stets – soweit ein gewöhnlicher Aufenthalt in Frankreich vorliegen könnte – sich nicht auf das gesetzliche Erbrecht des eingetragenen Partners nach deutschem Recht verlassen, sondern eine ausdrückliche testamentarische Erbeinsetzung vornehmen, deutsches Erbrecht wählen (vgl. auch oben Rdn 103) oder aber ihre Partnerschaft nach deutschem Recht in eine gleichgeschlechtliche Ehe umwandeln lassen, die auch in Frankreich als vollwertige Ehe (marriage pour tous) anerkannt wird.

[98] Dies gilt nicht allein für den gesetzlichen Ehegattennießbrauch, sondern auch für einen Nießbrauch, der durch Vermächtnis oder Schenkung von Todes wegen zugewandt wurde, Art. 759 c.c.
[99] Vgl. Dibos-Lacroux, Successions, 7. Auflage 2006, S. 364.

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