Rz. 7

Über § 315b StGB findet die Qualifikation des § 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB Anwendung, welche die Absicht voraussetzt, eine andere Straftat zu verdecken. Die Qualifikation war kürzlich Grundlage neuerer Entscheidungen des BGH, auf die teilweise nachfolgend eingegangen wird.

Ein klassischer Fall der Qualifikation ist es, wenn der Täter auf der Flucht mit seinem Fahrzeug auf einen Polizeibeamten zufährt (um seine Beute zu erhalten) und diesen zum Sprung zur Seite "zwingt".

Für die Annahme der Qualifikation ist zu prüfen, ob der Täter im Zeitpunkt der Tathandlung nach seiner Vorstellung davon ausgegangen ist, seine Täterschaft hinsichtlich eines (z.B.) vorausgegangenen Diebstahls sei noch nicht in einem die Strafverfolgung sicherstellenden Umfang aufgedeckt.[12]

Verdeckungsabsicht gem. § 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB setzt voraus, dass die konkrete Handlung des Täters das Mittel zur Verdeckung der Tat ist. Es genügt nicht, dass der Täter einen zeitlichen Vorsprung erhalten will, um zu fliehen.[13]

Die Verdeckung der Straftat scheidet insbesondere dann aus, wenn diese bereits vollständig aufgedeckt ist und der Täter dies weiß.[14]

 

Rz. 8

Muster 26.4: Verdeckungsabsicht

 

Muster 26.4: Verdeckungsabsicht

Meinem Mandanten wird vorgeworfen, dass er nach dem Diebstahl, bei dem er von dem Personal entdeckt wurde, aus dem Laden geflohen, in sein Fahrzeug eingestiegen und sich mit ca. 50 km/h vom Parkplatz des Ladens habe entfernen wollen. Die Polizei war durch das Personal bereits verständigt und schon auf dem Gelände angekommen. Meinem Mandanten habe sich dann ein Polizeibeamter in den Weg gestellt, um ihn zum Stehen zu bringen. Mein Mandant habe jedoch Gas gegeben und der Polizeibeamte habe sich nur durch einen Sprung zur Seite retten können.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, mein Mandant habe in Verdeckungsabsicht mit seinem Fahrzeug auf den Polizeibeamten "gehalten", §§ 315b Abs. 1 Nr. 3, 315b Abs. 3, 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB.

Der Vorwurf trifft aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht zu.

Mein Mandant hatte mitbekommen, dass die Polizei gerufen und bereits vor Ort war als er floh. Er ging davon aus, dass die Straftat bereits vollständig aufgedeckt sei, nachdem ihn das Personal in dem Laden auf den Diebstahl ansprach. In diesem Fall liegt keine Verdeckungsabsicht vor. Mein Mandant wollte sich lediglich einen zeitlichen Vorsprung gegenüber der Polizei verschaffen, um fliehen zu können.

Nur wenn der Beschuldigte im Zeitpunkt der Tathandlung nach seiner Vorstellung davon ausgeht, seine Täterschaft hinsichtlich des vorangegangenen Diebstahls sei noch nicht in einem die Strafverfolgung sicherstellenden Umfang aufgedeckt, liegt eine Verdeckungsabsicht vor (BGH NStZ-RR 2018, 88, 89; BGH VRS 135, 96).

Eine Strafbarkeit gem. §§ 315b Abs. 1 Nr. 3, 315b Abs. 3, 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB scheidet aus diesem Grunde hier aus.[15]

[12] BGH NStZ-RR 2018, 88; BGH VRS 135, 96–98.
[13] BGH NStZ 1985, 166.
[15] Angelehnt an BGH VRS 135, 96–98.

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