Rz. 1

Wie die Tätigkeit des Anwalts in einem Verfahren über die Bewilligung auf Aufhebung oder Verkürzung einer Räumungsfrist zu vergüten ist, hängt davon ab, ob es sich um ein selbstständiges oder unselbstständiges Räumungsfristverfahren handelt.

 

Rz. 2

Das unselbstständige Räumungsfristverfahren zählt nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG (vorläufige Beschränkung der Zwangsvollstreckung) zum Gebührenrechtszug des Räumungsprozesses und wird durch die dortigen Gebühren (Nrn. 3100 ff., 3200 ff. VV) abgegolten.[1]

 

Rz. 3

Das selbstständige Räumungsfristverfahren ist dagegen eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG und wird durch die Gebühren der Nrn. 3334, 3337 VV, Vorbem. 3.3.6 S. 1 VV i.V.m. Nr. 3104 VV vergütet.[2]

 

Rz. 4

Ein unselbstständiges Räumungsfristverfahren liegt immer dann vor, wenn das Verfahren mit der Hauptsache verbunden ist. In Betracht kommen insoweit nur Verfahren nach § 721 Abs. 1 ZPO, da hier der Antrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen ist und das Gericht i.d.R. im Räumungsurteil zugleich auch über den Räumungsfristantrag entscheidet.

 

Rz. 5

Ein selbstständiges Räumungsfristverfahren, also ein nicht verbundenes Verfahren i.S.d. Nr. 3334 VV, liegt immer dann vor, wenn der Antrag auf Bewilligung, Verlängerung oder Verkürzung der Räumungsfrist erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt wird und das Gericht ihn somit in seinem Urteil nicht mehr berücksichtigen kann.

Dies sind zum einen also immer die Fälle des § 721 Abs. 2 und 3 ZPO, da hier der Antrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden kann und eine Verbindung daher nicht in Betracht kommt. Das gilt auch dann, wenn nach § 721 Abs. 4 ZPO das Berufungsgericht zuständig ist. Es entscheidet nämlich dann nicht im Rahmen der Berufung, sondern in einem selbstständigen Beschlussverfahren.[3]
Auch im Falle des § 721 Abs. 1 ZPO ist ein selbstständiges Verfahren i.S.d. Nr. 3334 VV möglich, nämlich dann, wenn das Gericht seinen Willen zur Trennung zum Ausdruck gebracht hat. Das kann etwa durch gesonderte Verhandlung oder durch gesonderte Beweiserhebung geschehen.[4] Ebenso verhält es sich, wenn das Gericht zunächst über die Räumungsklage ein Teilurteil erlässt und dann erst über die Räumungsfrist verhandelt. In dem Erlass eines Teilurteils liegt dann eine Zäsur, die zur Trennung der beiden Verfahren führt.[5] Gleiches gilt, wenn nach Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils zur Räumung über den Räumungsfristantrag gesondert verhandelt wird.[6]
Ebenso zählt hierzu das Verfahren nach § 794a ZPO, das immer ein selbstständiges Verfahren ist.
[1] AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 3334 VV Rn 3.
[2] AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 3334 VV Rn 3.
[3] Zöller/Stöber, § 721 ZPO Rn 8.
[4] Hansens, BRAGO, § 50 Rn 1.
[5] Tschischgale, JurBüro 1966, 1010; AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 3334 Rn 8; Hartung/Römermann/Schons, Nr. 3334 Rn 10.
[6] Hartung/Römermann/Schons, Nr. 3334 Rn 10.

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