Rz. 108
Auch der Pflichtteil (§§ 2303 ff. BGB) gilt gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als Erwerb von Todes wegen; allerdings nur wenn (bzw. soweit) er geltend gemacht wurde. Der Höhe nach beschränkt sich der Erwerb auf den Betrag, in dem der Anspruch geltend gemacht wird.[104]
Unter Geltendmachung ist hierbei zu verstehen, dass der Berechtigte eindeutig zu erkennen gibt (ausdrücklich oder konkludent), dass er aus seinem Pflichtteilsrecht tatsächlich Ansprüche herleiten will.[105] Der diesbezügliche Entschluss muss nach außen hin erkennbar gemacht werden.[106] Das Einfordern von Auskünften (i.S.v. § 2314 BGB) und selbst die Erhebung einer entsprechenden Auskunftsklage sind i.d.R. noch nicht als Geltendmachung zu werten. Für die Erhebung einer Stufenklage ist die Beurteilung noch nicht abschließend geklärt.[107] Sobald der Pflichtteilsberechtigte tatsächlich Zahlung begehrt, z.B. einen bezifferten Klageantrag stellt, ist an einer Geltendmachung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aber nicht mehr zu zweifeln.[108]
Rz. 109
Grundsätzlich wäre ein Verzicht des Pflichtteilsberechtigten auf die Geltendmachung seiner Ansprüche als (ebenfalls steuerpflichtige) Zuwendung an die Erben anzusehen. Insoweit gilt aber nach § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG eine sachliche Steuerbefreiung.
Für den Pflichtteilsberechtigten selbst kommt es im Falle der Nicht-Geltendmachung seiner Ansprüche von vornherein gar nicht zu einem steuerpflichtigen Erwerb, da § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbstG nicht erfüllt ist. Nur wenn bzw. soweit der Verzicht gegen Abfindung erfolgt, ergibt sich für den Verzichtenden eine Steuerpflicht, und zwar nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abfindung vom durch den Verzicht begünstigten Erben oder von einem Dritten gezahlt wird.[109]
Rz. 110
Der Verzicht auf einen bereits geltend gemachten Pflichtteilsanspruch lässt den bereits mit der Geltendmachung eingetretenen steuerpflichtigen Erwerb des Pflichtteilsberechtigten gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unberührt (es bleibt also bei seiner Steuerpflicht). Außerdem stellt der Verzicht eine freigebige Zuwendung an die hiervon begünstigten Erben i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar und löst somit eine (weitere) Steuerpflicht aus.[110]
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