Rz. 44

Gemäß §§ 131 Abs. 3 Nr. 1, 161 Abs. 2 HGB ist der Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters an einer Personenhandelsgesellschaft nicht vererblich. Mit seinem Tod scheidet der verstorbene aus der Gesellschaft aus; diese wird von den überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt. Die Gesellschaftsrechte des Verstorbenen wachsen den übrigen Gesellschaftern zu (Anwachsungserwerb). Gleiches gilt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine sog. Fortsetzungsklausel enthält. Die Erben des Verstorbenen rücken zivilrechtlich nicht in die Gesellschafterstellung nach und werden daher steuerlich auch nicht Mitunternehmer.[36]

 

Rz. 45

Einkommensteuerrechtlich hat der Anwachsungserwerb folgende Konsequenzen:

Der Anteil des verstorbenen Gesellschafters wächst den verbleibenden Gesellschaftern an; sie führen die Beteiligung fort. Soweit sie an die Erben des Verstorbenen eine Abfindung zu zahlen haben, stellt diese ein Entgelt für den Erwerb der zusätzlichen Beteiligungsrechte dar. Liegt die Abfindung über dem Buchwert der Beteiligung des Erblassers, ergibt sich ein Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG, der noch dem Verstorbenen zugerechnet wird. Er kann daher oftmals nach §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt sein. Die anfallende Einkommensteuer stellt eine Nachlassverbindlichkeit dar.[37]

Für die Erben stellt der Abfindungsanspruch eine private Geldforderung da, die (bei ihnen) nicht zum steuerpflichtigen Einkommen zählt;[38] sie unterliegt aber natürlich der Erbschaftsteuer.

 

Rz. 46

Richtete sich die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft bis zum Tod des Erblassers nach § 4 Abs. 3 EStG, ist ein Übergang zur Buchführung erforderlich. Ein dabei etwa entstehender Übergangsgewinn ist ebenfalls (anteilig) dem verstorbenen Gesellschafter zuzurechnen.[39]

 

Rz. 47

Soweit der Mitunternehmeranteil des Erblassers Sonderbetriebsvermögen umfasste, gilt dieses – soweit es nicht (ausnahmsweise) auf die Mitgesellschafter übergeht – als im Zeitpunkt des Erbfalls zwangsweise entnommen. Die sich dabei ergebenden Gewinnrealisierungen werden ebenfalls noch dem Erblasser zugerechnet; sie erhöhen seinen – ggf. begünstigten – Veräußerungsgewinn.[40]

 

Rz. 48

Auf Ebene der fortsetzenden Gesellschafter stellen die geleisteten Abfindungszahlungen zusätzliche Anschaffungskosten dar, und zwar in Höhe der Differenz zwischen dem Buchkapital des verstorbenen Gesellschafters und dem Betrag der Abfindungsleistung. Insoweit erwerben die Fortsetzenden die zusätzliche Beteiligung entgeltlich.[41]

 

Rz. 49

Ist der Gesellschaftsanteil durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Anordnung (einfache oder qualifizierte Nachfolgeklausel) vererblich gestellt, ergeben sich aus dem Tod eines Gesellschafters andere zivilrechtliche Folgerungen. Dies schlägt auch auf die steuerliche Situation durch. Insoweit gilt Folgendes:

 

Rz. 50

Die einfache Nachfolgeklausel führt dazu, dass die Gesellschaft mit allen Miterben des Verstorbenen fortgesetzt wird, alle Miterben werden Mitunternehmer. Im Falle einer anschließenden Erbauseinandersetzung gelten die oben dargestellten Grundsätze für die Auseinandersetzung über Betriebsvermögen bzw. einen Mischnachlass.

 

Rz. 51

Enthält der Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Nachfolgeklausel, rücken nicht alle Miterben in die Gesellschafterstellung nach. Vielmehr werden nur die qualifizierten Erben Gesellschafter und damit auch Mitunternehmern. Sie erwerben ihre Mitunternehmerstellung auf erbrechtlichem Wege (durch eine dinglich wirkende Teilungsanordnung)[42] und unentgeltlich. Sie haben daher zwingend die Buchwerte des Erblassers fortzuführen.[43]

 

Rz. 52

Das schließt jedoch nicht aus, dass sie den übrigen Miterben gegenüber zur Leistung von Ausgleichszahlungen verpflichtet sind. Diese führen einkommensteuerrechtlich weder zu Anschaffungskosten noch stellen die zur Finanzierung solcher Zahlungen aufgewendeten Finanzierungskosten (Sonder-)Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) dar.[44] Es ist vielmehr von einer privaten (erbrechtlichen) Veranlassung auszugehen,[45] die mit der Einkünfteerzielung im steuerrechtlichen Sinne nichts zu tun hat.

 

Rz. 53

Spiegelbildlich erzielen die weichenden Miterben keinen Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG.[46]

 

Rz. 54

Probleme bereitet bei qualifizierten Nachfolgeklauseln oft das Sonderbetriebsvermögen. Denn dieses geht – im Gegensatz zum Gesellschaftsanteil – mit dem Erbfall auf die Erbengemeinschaft als Ganzes über. Soweit an der Erbengemeinschaft Personen beteiligt sind, die weder in die Gesellschafterstellung des Verstorbenen nachrücken noch – unabhängig vom Erbfall – Gesellschafter der in Rede stehenden Mitunternehmerschaft sind, führt dies dazu, dass das Sonderbetriebsvermögen des Erblassers als (anteilig, vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) entnommen anzusehen ist.[47]

 

Rz. 55

Die entsprechenden Entnahmen und Entnahmegewinne sind dem Erblasser zuzurechnen.[48]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge