Rz. 76

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 ErbStG knüpft die unbeschränkte Steuerpflicht an die Inländereigenschaft des Erblassers, des Schenkers oder des Erwerbers an. Maßgeblich für die Einordnung als Inländer ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 9 ErbStG).

Als Inländer gilt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG jede natürliche Person, die im Inland einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) hat. Die Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle. Ein Wohnsitz im Sinne von § 8 AO wird nicht nur dadurch begründet, dass eine Wohnung ständig genutzt wird und gleichzeitig die Absicht besteht, in ihr einen Wohnsitz zu haben.[72] Vielmehr ist der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff weitgehend objektiviert und stellt daher auf äußerliche Merkmale ab, deren Vorliegen als Indiz für die subjektiven Absichten des Steuerpflichtigen anzusehen sind.[73]

 

Rz. 77

Die Anforderungen an die Begründung bzw. das Beibehalten eines inländischen Wohnsitzes sind vergleichsweise gering.[74] Nach der Rechtsprechung kann es bereits ausreichen, wenn der Steuerpflichtige eine in seinem Eigentum stehende Doppelhaushälfte nur wenige Wochen im Jahr (dies aber regelmäßig) zu Jagdaufenthalten nutzt.[75]

Unterhält einer von zwei Ehegatten eine inländische Wohnung, gilt diese – jedenfalls bei intakter Ehe –auch als inländischer Wohnsitz des anderen Ehegatten.[76] Außerdem kann eine Person ohne Weiteres gleichzeitig mehrere Wohnsitze sowohl im In- als auch im Ausland besitzen.[77]

 

Rz. 78

Besteht kein inländischer Wohnsitz, kann sich eine unbeschränkte Steuerpflicht durch das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthalts i.S.v. § 9 AO ergeben. Dieser setzt voraus, dass sich jemand an einem Ort unter solchen Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Bei einem zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten ist grundsätzlich von einem gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Sinne auszugehen. Regelmäßig wiederkehrende Kur- oder Erholungsaufenthalte sind aber prinzipiell nicht geeignet, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland zu begründen,[78] und zwar selbst bei einer Dauer von mehr als sechs Monaten (aber nicht mehr als ein Jahr, § 9 S. 3 AO).

[73] Riedel, in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG und BewG, § 2 ErbStG Rn 6.
[74] Vgl. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 2 Rn 17; Geck, ZEV 1995, 249, 250.
[76] Vgl. FG Hamburg EFG 1994, 730, rkr.

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