Rz. 28

 

Hinweis

Bekanntlich muss der Bußgeldrichter gem. § 84 Abs. 1 OWiG die ihm unterbreitete Sache unter allen rechtlichen Gesichtspunkten beurteilen mit der Folge, dass bei Verdacht auf eine Straftat die Sache in ein Strafverfahren übergeleitet werden muss (siehe hierzu § 30 Rdn 44 ff.).

Nicht zuletzt auch deshalb bestimmt § 84 Abs. 2 OWiG, dass ein rechtskräftiges Bußgeldurteil der erneuten Verurteilung der Tat, auch soweit es sich um eine Straftat handelt, entgegensteht.

Dabei kommt es alleine darauf an, ob es sich um eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne (siehe oben Rdn 22 ff.) handelt.

 

Rz. 29

Hier kann die Übung mancher Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften, die Ordnungswidrigkeit und die Straftat in getrennten Verfahren zu verfolgen, gravierende Folgen haben, wie an dem folgenden Beispiel gezeigt werden soll:

 

Beispiel

Ein Mandant verunfallt nach dem Besuch eines Weinfestes. Die unfallaufnehmenden Polizeibeamten stellen nicht nur 1,5 ‰ beim Fahrer fest, sondern auch Mängel an allen vier Reifen des benutzten Fahrzeugs. Sie geben dann die Strafsache an die Staatsanwaltschaft und die OWi-Sache an die zuständige Bußgeldbehörde ab. Nach Rechtskraft des Bußgeldurteils beantragt der Verteidiger die Aufhebung des § 111a StPO-Beschlusses sowie die Einstellung des Verfahrens. Das stößt selbst nach der entsprechenden gerichtlichen Entscheidung bei der Staatsanwaltschaft auf völliges Unverständnis.

Vergleichbare Konstellationen können z.B. auch dann entstehen, wenn nach einer Geschwindigkeitsmessung der Anhalteposten feststellt, dass der Fahrer alkoholisiert ist oder eine Straftat zunächst nicht bekannt ist, so z.B. sich nach einer Vorfahrtsverletzung erst später herausstellt, dass der Unfallverursacher keine Fahrerlaubnis hatte. Auch dann wird der Täter vor der weiteren Strafverfolgung durch ein rechtskräftiges Bußgeldurteil geschützt (OLG Saarbrücken zfs 1982, 285; AG Ottweiler zfs 1982, 286; OLG Hamm DAR 1978, 81) auch wenn nach rechtskräftiger Verurteilung wegen Verweigerung der Personalien die damit im Zusammenhang begangene Widerstandshandlung gegen Vollstreckungsbeamte zur Aburteilung steht (OLG Naumburg BA 2016/53, 387) oder eine Beleidigung nach rechtskräftiger Verurteilung eines Handyverstoßes (KG Berlin, Urt. v. 12.10.2018 - 3 WS (B) 250/18).

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