A. Die Klärung der Beteiligung einer Rechtsschutzversicherung und Haftungsgefahr

I. Die Beteiligung von Rechtsschutz

1. Die Klärung der Rechtsschutzdeckung

a) Die Frage nach Bestehen einer Rechtsschutzversicherung

 

Rz. 1

Grundsätzlich sollte der Anwalt bei Mandatserteilung klären, ob zugunsten des Mandanten eine Rechtsschutzversicherung besteht. Sodann stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Anwalt verpflichtet ist, zu erforschen, ob eine Rechtsschutzversicherung besteht. Dies muss differenziert gesehen werden, und zwar je nachdem, ob dem Anwalt aus früheren Zusammenhängen das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung bekannt wurde oder nicht. Nach LG Tübingen[1] ist der Anwalt, der bereits von der bloßen Möglichkeit des Bestehens einer Rechtsschutzversicherung zugunsten seiner Mandantschaft Kenntnis erlangt, verpflichtet, Eigeninitiative zu entwickeln, um den Sachverhalt zu erforschen. Dies folge aus der Pflicht des Rechtsanwaltes, den Auftraggeber vor vermeidbaren Nachteilen zu bewahren und damit auch mögliche Vorteile nach besten Kräften zu dessen Gunsten auszunutzen.

 

Rz. 2

Der Ansicht des LG Tübingen[2] ist zuzustimmen, nicht jedoch der weitergehenden Ansicht in der Literatur, wonach der Anwalt auch ohne konkreten Anlass dazu verpflichtet ist, den Mandanten zum Bestand einer evtl. bestehenden Rechtsschutzversicherung zu befragen. Dies erscheint zu weitgehend. Es ist zu bedenken, dass jeder Mandant weiß, dass die Führung eines anwaltlichen Mandates einen Vergütungsanspruch begründet.

 

Rz. 3

Eine Nachforschungspflicht des Anwaltes lässt sich auch nicht aus dem anwaltlichen Berufsrecht herleiten. In diesem Zusammenhang muss gesehen werden, dass § 16 Abs. 1 BRAO einen Anwalt dazu verpflichtet, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeit von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen.[3] Diese Grundsätze lassen sich, worauf Tietgens[4] zutreffend hinweist, nicht auf die Rechtsschutzversicherung übertragen. Dies folgt daraus, dass es sich bei Beratungs- und Prozesskostenhilfe um staatliche Instrumente handelt für wirtschaftlich schwache Personen. Demgegenüber ist die Rechtsschutzversicherung ausschließlich Bestandteil privater Vorsorge.

 

Rz. 4

Als Fazit ist insoweit festzustellen, dass eine Pflicht zur Ermittlung entsprechenden Versicherungsschutzes nur dann besteht, wenn der Anwalt aus vorangegangenen Mandaten Kenntnis von dem Bestehen einer Rechtsschutzversicherung hat.

 

Rz. 5

Ebenso ist eine Pflicht des Anwaltes zu verneinen, zu prüfen, ob der Versicherungsschutz weiterhin besteht oder nicht – etwa wegen Nichtzahlung der Folgeprämie.[5]

[1] VersR 1996, 184, zustimmend auch Tietgens, Anwaltliche Beratungs-, Aufklärungs- und Auskunftspflichten in der Rechtsschutzversicherung, r+s 2005, 489 ff. (jedoch nur dargestellt anhand der ARB75).
[2] LG Tübingen a.a.O.
[3] Vgl. Hartung/Römermann, Berufs- und Fachanwaltsordnung, § 16 Rn 11; vgl. auch Bräuer, Prozesskosten als Haftungsquelle, AnwBl 2006, 61.
[4] Tietgens, a.a.O.
[5] Ebenso Tietgens, a.a.O.

b) Klärung der Rechtsschutzdeckung

 

Rz. 6

Vorsicht ist für den Anwalt geboten hinsichtlich der Klärung der Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung. Der Anwalt, der Mandate mit Rechtsschutzbeteiligung bearbeitet, sollte mit den Rechtsschutzbedingungen vertraut sein. Dies erscheint jedoch schwierig, da kaum noch einheitliche Rechtsschutzbedingungen, speziell also die Rechtsschutzbedingungen gemäß Verbandsempfehlung, verwendet werden. Vielmehr sind die Rechtsschutzbedingungen bei fast allen Rechtsschutzversicherungen unterschiedlich gestaltet. Dies gilt sowohl hinsichtlich des versicherten Risikos, möglicher Ausschlüsse, der Definition des Versicherungsfalles, der Obliegenheiten als auch insbesondere hinsichtlich der Versicherungsleistung. Der beauftragte Rechtsanwalt macht sich schadenersatzpflichtig, wenn er entgegen der Sach- und Rechtslage dem Mandanten gegenüber erklärt, dass seine Rechtsschutzversicherung eintrittspflichtig sei.[6]

 

Rz. 7

Vorsicht ist gerade dann geboten, wenn der Mandant, zu dessen Gunsten eine Rechtsschutzversicherung besteht, erklärt, er mache die Mandatserteilung davon abhängig, dass eine Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung gegeben ist. Auf eine solche Bedingung sollte der Anwalt sich nicht einlassen. Hier besteht nämlich die Gefahr, dass bei Annahme des Mandates die sich hieraus ergebenden Pflichten zum Tragen kommen, während wegen der aufgezeigten Bedingung der Anspruch auf Zahlung der Anwaltsgebühren streitig werden könnte.

 

Rz. 8

Besteht eine Rechtsschutzversicherung, so hat der Anwalt jedenfalls zu klären, ob der Mandant lediglich unter der Bedingung der Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung prozessieren will.

 

Rz. 9

Die möglichst frühzeitige Unterrichtung der Rechtsschutzversicherung liegt daher auch im Interesse des Anwaltes. Führt er nicht umgehend eine Klärung hinsichtlich der Rechtsschutzdeckung herbei, so gefährdet er seinen Vergütungsanspruch und kann sich schadenersatzpflichtig machen, wenn er vor Klärung des Versicherungsschutzes kostenauslösende rechtliche Schritte einleitet.[7]

 

Rz. 10

Die Verpflichtung des Anwaltes zur Klärung der möglichen Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung ist zu sehen auch im Zusammenhang mit der dem Anwalt obliegenden Pflicht, den Manda...

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