Rz. 121

Macht sich der Bedachte einer Verfehlung schuldig, die den Erblasser berechtigt, ihm den Pflichtteil zu entziehen, oder – falls der Bedachte nicht zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört – ihn berechtigen würde, einem Abkömmling den Pflichtteil zu entziehen, so kann der Erblasser vom Erbvertrag zurücktreten (§ 2294 BGB).[108] Die Pflichtteilsentziehungsgründe sind in § 2333 BGB abschließend aufgezählt (vgl. § 13 Rdn 11 ff.).

 

Rz. 122

Der frühere Entziehungsgrund des "ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels" wurde in der Erbrechtsreform ersetzt durch Entziehung bei rechtskräftiger Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung. Zu beachten ist, dass die Wendung in § 2294 BGB, wonach sich der Bedachte einer Verfehlung "schuldig" gemacht haben muss, nicht im streng strafrechtlichen technischen Sinn zu verstehen ist; Schuldfähigkeit des Bedachten i.S.v. § 20 StGB ist nicht erforderlich.[109]

 

Rz. 123

Nur wenn die Verfehlung nach Vertragserrichtung begangen wurde, entsteht das Rücktrittsrecht. War sie bereits vorher begangen worden, hatte der Erblasser aber keine Kenntnis davon, so kann ein Anfechtungsrecht in Betracht kommen. Die Beweislast für das Vorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen trägt der Erblasser.

[108] Zum Rücktritt bei Verfehlungen des Bedachten vgl. G. Müller, ZEV 2011, 240.
[109] Vgl. hierzu Mayer, in: Reimann/Bengel/J. Mayer, § 2294 Rn 2.

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