Rz. 82

Einigen sich die Parteien außergerichtlich über einen Forderungsausgleich in Raten im Wege eines Vergleiches, kommt eine prozessuale Kostenerstattung und damit auch eine Kostenfestsetzung oder Kostenausgleichung mangels Prozessrechtsverhältnis nicht in Betracht.

 

Rz. 83

Während des laufenden Erkenntnisverfahrens muss der Kläger sensibel reagieren, wenn er feststellt, dass die Rechtsverteidigung des Schuldners mehr auf die Verfahrensverzögerung als auf das tatsächliche Bestreiten des Anspruches angelegt ist. Dies kann seine Ursache in einer mangelnden Liquidität des Schuldners haben, sodass häufig eine Einigung erzielt werden kann, wenn hierauf im Rahmen eines Ratenzahlungsvergleiches Rücksicht genommen werden kann. Der Gläubiger vermeidet so seine weitergehende Kostentragung, für die er ungeachtet möglicher Erstattungsansprüche dann vorschusspflichtig ist und bei denen er nicht sicher sein kann, dass er sie erstattet erhält. Bei einem entsprechenden Vergleichsabschluss im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren entsteht damit die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG, die problemlos im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung findet.

 

Rz. 84

Dabei muss allerdings die Sondervorschrift des § 98 ZPO beachtet werden. Soweit die Parteien in dem Vergleich keine besondere Vereinbarung treffen, gelten die Kosten des Vergleiches als gegeneinander aufgehoben. Auch die Kosten eines im Zwangsvollstreckungsverfahren geschlossenen Vergleichs sind in entsprechender Anwendung von § 98 S. 1 ZPO immer dann als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien anderes vereinbart haben.[118] Nach dem BGH verdrängt § 98 ZPO also die Regelung des § 788 ZPO. § 98 ZPO ist dabei auch auf eine Einigung der Parteien anzuwenden, die kein gegenseitiges Nachgeben enthält.[119] Zur Kostenaufhebung nach § 98 ZPO in Vergleich und Prozess kommt es auch dann, wenn die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich schließen, der die Rücknahme eines Rechtsmittels oder eine Maßnahme beinhaltet, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben.[120] Bei Erledigung des Rechtsstreits durch Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs, der keine Kostenregelung enthält, ist § 98 ZPO im Rahmen der nach § 91a Abs. 1 ZPO erfolgenden Kostenentscheidung jedenfalls dann sinngemäß zu berücksichtigen, wenn sich aus dem abgeschlossenen Vergleich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Parteien eine Kostenregelung nach anderen Gesichtspunkten im Auge hatten.[121]

 

Rz. 85

 

Hinweis

Auch der Bevollmächtigte des Streithelfers ist in besonderer Weise gefordert: Vereinbaren die Parteien in einem Vergleich Kostenaufhebung, steht dem Streithelfer einer Partei selbst dann kein prozessrechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu, wenn diese Vereinbarung bezweckte, Kostenerstattungsansprüche des Streithelfers auszuschließen. Etwa bestehende materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche bleiben davon unberührt.[122]

 

Rz. 86

Haben die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich keine Abrede bezüglich der Kosten getroffen, ergänzt § 98 ZPO die Vereinbarung der Parteien dahin, dass die Kosten des Rechtsstreits als gegeneinander aufgehoben gelten. Aus § 98 ZPO ergibt sich somit, wer im Falle eines Vergleichs die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; für eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ist daneben kein Raum.[123]

 

Rz. 87

Wird eine Ratenzahlungsvereinbarung im Rahmen der Zwangsvollstreckung erreicht, lehnen Vollstreckungsorgane die Erstattung der Einigungsgebühr immer wieder ab. Nach der Rechtsprechung muss differenziert werden:

 

Rz. 88

Soweit es zu Teilzahlungsvereinbarungen des Schuldners mit dem Gerichtsvollzieher nach § 802b ZPO kommt, hat der BGH die frühere Streitfrage eindeutig entschieden: Erklärt sich der Gläubiger allgemein dem Gerichtsvollzieher gegenüber mit der Gestattung von Ratenzahlungen durch den Schuldner einverstanden, löst dies keine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG aus.[124] Insoweit kommt eine entsprechende Festsetzung auch nicht in Betracht.

 

Rz. 89

Anders verhält es sich dann, wenn der Schuldner dem Gläubiger durch die Zwangsvollstreckung "zugeführt" wird und es dann zu einer außergerichtlichen Ratenzahlungsvereinbarung kommt, die ggf. auch weitergehende Bestimmungen zu Verjährungsfragen, Sicherheiten und den Kosten trifft.[125] In diesem Fall ist die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 angefallen und auch nach § 788 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO festsetzbar. Verweigert der Gerichtsvollzieher die Berücksichtigung der Gebühr bei der Vollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO, kann alternativ auch Erinnerung nach § 766 ZPO erhoben werden.

 

Rz. 90

 

Hinweis

Ungeachtet dessen muss der Gläubiger eine prozessuale und sollte eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage gegen den Schuldner durch eine entsprechende Kostenübernahmeerklärung schaffen. In prozessualer Hinsicht ist dies wegen § 98 ZPO zwingend, in materiell-rechtlicher Hinsicht vermeidet es Streit und beseitigt die Prüfung der Notwendigkeit der Kosten.[126] Hierdurch können ...

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