Rz. 23

Der Kilometerleasingvertrag galt bisher als Finanzierungsleasingvertrag i.S.d. §§ 500, 495 Abs. 1 BGB a.F.[53] mit Widerrufsrecht nach § 355 BGB. Das ist nach dem Inkrafttreten von § 506 BGB n.F. seit 11.6.2010 streitig, nach richtiger Auffassung ist aber weiterhin von einem Widerrufsrecht auszugehen (vgl. § 20 Rdn 10). Auch nach der Gegenauffassung wird ein Widerrufsrecht vertraglich begründet, wenn der Vertrag eine Widerrufsbelehrung enthält.[54]

 

Rz. 24

Die Parteien vereinbaren für den Zeitraum des Leasingvertrags eine bestimmte Gesamtfahrleistung. Das Nutzungsentgelt deckt den voraussichtlichen Wertverlust des Fahrzeugs während der Vertragszeit sowie Aufwendungen, Gewinn und Risikozuschlag ab und fällt höher aus, als bei Varianten mit Restwertabsicherung für den Leasinggeber. Bei Vertragsende erfolgt für den Leasingnehmer eine Belastung bei Mehrkilometern und eine Erstattung bei Minderkilometern.

Das Modell (nicht erlasskonform, also nicht steuerbegünstigt) bürdet dem Leasinggeber das Restwertrisiko auf. Abweichende formularmäßige Vereinbarungen z.B. für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung sind i.d.R. gem. § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam.[55] Dem Leasingnehmer wird das Risiko der Beschädigung und eines nicht vertragsgemäßen Zustandes am Vertragsende auferlegt. Meist wird in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ein bestimmter Karenzbetrag an Mehr- und Minderkilometern vereinbart, für den der Leasingnehmer bei Überschreitung nichts bezahlen muss, bei Unterschreitung aber auch nichts herausbekommt (i.d.R. zwischen 2.500 und 3.500 Kilometern).

 

Rz. 25

Bei dieser Vertragsart dreht sich die rechtliche Auseinandersetzung i.d.R. um die Frage, ob das zurückgegebene Fahrzeug dem vertragsgemäßen Zustand entspricht.[56] Nach den üblicherweise verwendeten Vertragsbedienungen haftet der Leasingnehmer nämlich für Mängel oder Schäden, die bei Vertragsbeendigung über eine alters- und laufzeitbedingte Abnutzung des Fahrzeugs hinausgehen. Vorausgesetzt wird die Rückgabe eines "normal" abgenutzten Fahrzeugs. Die sich hieraus ergebende Minderwertberechnung ist einer der häufigsten Streitpunkte. In rechtlicher Hinsicht ist die Wirksamkeit einer solchen sog. "Minderwertklausel" i.S.v. § 307 Abs. 1, 2 BGB durchaus zweifelhaft,[57] weil dem Leasingnehmer die Möglichkeit abgeschnitten wird, zum Minderwert führende Mängel zu beheben. Der BGH[58] hält sie aber für wirksam, weil es sich dogmatisch nicht um Schadensersatz i.S.d. § 281 BGB handele. In technischer Hinsicht ist die Frage des "vertragsgemäßen Zustands" nur durch einen Kfz-Sachverständigen zu klären. Im Vorfeld hilfreich sind Rechtsprechungsübersichten, die inzwischen zu der Frage veröffentlicht werden, ob Schäden als Sachmangel oder übliche Verschleißerscheinung zu bewerten sind (vgl. § 12 Rdn 237 ff.).[59]

 

Rz. 26

In vielen Mängelprotokollen werden Lackschäden so aufgenommen und rechnerisch erfasst, als ob bei der Rückgabe eine Neulackierung geschuldet würde. Dies braucht der Leasingnehmer nicht zu akzeptieren. Leichte Schrammen, Kratzer und Beulen gehören zur vertragsgemäßen Abnutzung.[60] Andererseits sollen alle auf Verschleiß beruhenden "Reparaturerfordernisse" zu Lasten des Leasingnehmers gehen.[61] Ein durchgerosteter Auspuff ist danach also zu ersetzen.

 

Rz. 27

Die Beweislast für einen über normalen Verschleiß hinausgehenden Schaden trägt der Leasinggeber.[62] Dabei hat er detailliert darzulegen und zu beweisen, welche Mängel auf normalen Verschleiß und welche auf übermäßige Abnutzung zurückzuführen sind.[63] Eine formularmäßige Bestimmung, dass der Minderwert von einem durch den Leasinggeber bestimmten Sachverständigen verbindlich festgelegt wird, ist unzulässig.[64] Verschulden des Leasingnehmers spielt keine Rolle, der Leasingnehmer muss sich jede Wertminderung, die über den vertragsgemäßen Gebrauch hinausgeht, bei der Abrechnung anrechnen lassen, auch wenn diese auf Zufall oder höherer Gewalt beruhen.[65]

 

Rz. 28

Die Wertminderung ist im Wege des Vergleichs mit einem typ- und altersgleichen Fahrzeug zu ermitteln,[66] wobei die zur Behebung der Mängel und Schäden erforderlichen Aufwendungen zwar ein Anhaltspunkt, aber nicht automatisch mit dem Minderwert gleichzusetzen sind.[67] Reparaturkosten und Minderungsbetrag müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen und nachvollziehbar sein.[68] Nicht maßgeblich sind dagegen der vom Leasinggeber vorab intern kalkulierte Restwert und der nach Vertragsablauf erzielte Verwertungserlös.[69] Kosten für nicht durchgeführte Inspektionen hat der Leasingnehmer voll zu tragen, nicht jedoch solche für die Aufbereitung zwecks Weiterverkauf.[70] Beim Tausch von Zubehörteilen hat gegebenenfalls ein Abzug "Neu für Alt" zu erfolgen.[71] Der Minderwert ist nicht umsatzsteuerpflichtig.[72]

 

Rz. 29

Die Vereinbarung per Formularvertrag oder AGB, bei vorzeitiger Vertragsbeendigung eine Umstellung von Kilometer- auf Restwertabrechnung vorzunehmen, ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwir...

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