Rz. 132

Ähnlich wie die Vor- und Nacherbschaft kann auch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung in vielen Konstellationen ein äußerst sinnvolles Gestaltungsmittel darstellen, um eine wirtschaftlich sinnvolle Fortführung des Unternehmens zu gewährleisten. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Erbe (noch) nicht in der Lage ist, die unternehmerische Verantwortung selbst zu übernehmen. Auch bei einer Mehrheit von Erben oder Vermächtnisnehmern kann die Bündelung der unternehmerischen Leitungsbefugnis in der Person des Testamentsvollstreckers eine sinnvolle Maßnahme darstellen.

 

Rz. 133

Die Testamentsvollstreckung über Einzelunternehmen und Personengesellschaften unterliegt jedoch im Hinblick auf den handelsrechtlichen Grundsatz der unbeschränkten Haftung für im Geschäftsbetrieb begründete Verbindlichkeiten einigen rechtlichen Besonderheiten. Denn nach erbrechtlichen Grundsätzen haftet für vom Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Tätigkeit begründete Verbindlichkeiten nur der Nachlass. Zur Lösung dieses dogmatischen Konflikts haben sich in der Praxis drei verschiedene Lösungsvarianten herausgebildet, nämlich die sog. Vollmachtslösung, die Treuhandlösung und die Weisungsgeberlösung.

 

Rz. 134

Die Vollmachtslösung begegnet dem Problem dadurch, dass dem Testamentsvollstrecker durch die Erben (oder durch den Erblasser, dann aber über seinen Tod hinaus) eine umfassende Vollmacht erteilt wird, kraft derer er das Unternehmen führen bzw. die Beteiligungsrechte aus Gesellschaftsanteilen wahrnehmen kann. Unternehmer im rechtlichen Sinne sind hierbei die Erben; sie werden auch als Inhaber des Unternehmens im Handelsregister eingetragen.

Im Außenverhältnis tritt der Testamentsvollstrecker also nicht als Prinzipal in Erscheinung, sondern nur als Bevollmächtigter. Der Umstand, dass seine Vollmacht jederzeit durch einzelne oder alle Erben widerrufen werden kann, bildet dabei einer der wesentlichen Nachteile dieses Konzepts. Ihr sollte durch entsprechende erbrechtliche Anordnungen, z.B. auflösende Bedingungen oder wenigstens Auflagen, begegnet werden. Eine weitere Schwäche der Vollmachtlösung ist, dass das deutsche Recht keine verdrängende Vollmacht kennt. Daher können neben dem Testamentsvollstrecker stets auch die Erben bzw. Vermächtnisnehmer im Außenverhältnis wirksam handeln. Auch diesbezüglich muss also durch Auflagen etc. Vorsorge getroffen werden.

 

Rz. 135

Die Treuhandlösung vermittelt dem Testamentsvollstrecker eine deutlich stärkere Rechtsposition. Denn hier ist er selbst Unternehmer und als solcher auch im Handelsregister eingetragen. Allerdings übt er die Unternehmerstellung bzw. seine Tätigkeit nicht eigennützig, sondern fremdnützig (treuhänderisch) für den oder die Erben und/oder Vermächtnisnehmer aus.

 

Rz. 136

Die starke Stellung gegenüber den der Testamentsvollstreckung unterworfenen Erben/Vermächtnisnehmern wird bei diesem Modell aber mit erheblichen persönlichen Haftungsrisiken erkauft. Denn wenn Gegenstand der Testamentsvollstreckung ein Einzelunternehmen oder der Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters ist, haftet der Testamentsvollstrecker gegenüber Gläubigern des Unternehmens (also im Außenverhältnis) unbeschränkt und unbeschränkbar. Der ihm im Innenverhältnis zustehende Ausgleichsanspruch gegenüber dem Nachlass lindert dieses Risiko kaum. Denn er ist (als Nachlassverbindlichkeit) von vornherein auf den Nachlass beschränkt, so dass eine etwaige überschießende Außenhaftung im Ergebnis durch den Testamentsvollstrecker zu tragen ist. Soweit unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein Kandidat zur Übernahme des Amtes bereit ist, muss sich das beschriebene Risikoprofil selbstverständlich auch auf den Umfang der dem Testamentsvollstrecker zuzubilligenden Vergütung auswirken.

 

Rz. 137

Die – jedenfalls im Außenverhältnis – schwächste Stellung hat der Testamentsvollstrecker bei der sog. Weisungsgeberlösung. Hier agiert er lediglich im Hintergrund. Je nach Ausgestaltung sind die Unternehmensnachfolger verpflichtet, alle oder auch nur bestimmte Entscheidungen bzw. unternehmerische Maßnahmen im Vorfeld mit dem Testamentsvollstrecker abzustimmen und seine Zustimmung einzuholen. Auf ihre Handlungsfähigkeit und Vertretungsmacht gegenüber Dritten (also im Außenverhältnis) wirkt sich eine unterbliebene Einbindung des Testamentsvollstreckers oder gar seine verweigerte Zustimmung in keiner Weise aus.

Die Weisungsgeberlösung kommt daher nur in Betracht, wenn der bzw. die Unternehmensnachfolger bereits selbst in der Lage sind, das Unternehmen zu führen. Außerdem muss durch Auflagen und/oder aufschiebende bzw. auflösende Bedingungen sichergestellt werden, dass die Funktion des Weisungsgebers tatsächlich ernst genommen wird.

 

Rz. 138

Dies setzt weiterhin voraus, dass als Testamentsvollstrecker die richtige (also eine persönlich und fachlich geeignete) Person bestimmt wird. Dies gilt selbstverständlich unabhängig vom gewählten Modell und von der Art und Weise der Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung.

Sowohl die Übernahme der ope...

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