Rz. 13

Unter Ertragsteuerlichen Gesichtspunkten gilt es zunächst, versehentliche (also ungeplante) Gewinnrealisierungen zu vermeiden. Auch dies setzt die oben (vgl. Rdn 10 ff.) bereits angesprochene klare Abgrenzung des (steuerlichen) Betriebsvermögens vom steuerlichen Privatvermögen voraus. Nur auf dieser Grundlage kann gewährleistet werden, dass die beiden Vermögensarten jeweils sachgerecht behandelt werden Unerkanntes Betriebsvermögen kann zu unerwünschten Gewinnrealisierungen führen und – ggf. beträchtliche – Steuerbelastungen auslösen.

 

Rz. 14

Um dies zu vermeiden und stattdessen sinnvolle Regelungen vorzusehen, ist es zwingend erforderlich, den Umfang des Unternehmens nicht nur in tatsächlicher Hinsicht (vgl. oben Rdn 7 f.), sondern auch unter steuerrechtlichen Aspekten genau zu erfassen und einzuordnen. Nur so können zwangsweise bzw. fingierte (und damit aus Sicht der Betroffenen "zufällige") Entnahmetatbestände vermieden werden. Dies ist umso wichtiger, wenn Gegenstand solcher Zwangsentnahmen sog. wesentliche Betriebsgrundlagen sein sollten bzw. könnten.

 

Rz. 15

In diesem Zusammenhang gilt es zunächst alle Vermögensgegenstände ("Wirtschaftsgüter", § 6 EStG) zu identifizieren, bei denen es sich nach ertragsteuerrechtlichen Maßstäben um sog. "wesentliche Betriebsgrundlagen" handelt. Diese sollten in ihrer betrieblichen Verbundenheit auf einen oder mehrere Unternehmensnachfolger übergehen, um negative steuerrechtlicher Konsequenzen (nicht nur unter ertragsteuerrechtlichen sondern auch unter erbschaftsteuerrechtlichen Gesichtspunkten) zu vermeiden.

 

Rz. 16

Wenn nicht sichergestellt ist, dass alle zum Betrieb bzw. zum Unternehmen gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen (in ihrer betrieblichen Verbundenheit) auf ein und denselben Erwerber (bzw. ein und dieselbe Erwerbermehrheit, z.B. Erbengemeinschaft) übergehen, kann dies eine ertragsteuerliche Betriebsaufgabe bzw. die Fiktion einer Betriebsaufgabe auslösen. Folge ist dann die steuerpflichtige Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven.

 

Rz. 17

Die Rechtsprechung zum Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage ist (leider) stark kasuistisch geprägt, die Auslegung ist tendenziell weit. Daher zählen beispielsweise auch Bürogebäude, die nicht für die besonderen Belange des Unternehmens speziell ausgelegt bzw. hergerichtet sind, grundsätzlich zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Voraussetzung ist lediglich, dass sie im Unternehmen tatsächlich genutzt werden.[4]

 

Rz. 18

Für die Frage der "Wesentlichkeit" stellt die Rechtsprechung nicht allein auf funktionale Kriterien ab. Angewendet ist vielmehr die sog. quantitative Betrachtungsweise: Wirtschaftsgüter sind demzufolge schon dann als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen, wenn ihnen nennenswerte stille Reserven gebunden sind. Auch wenn die quantitative Betrachtungsweise offensichtlich rein fiskalisch motiviert und daher unter dogmatischen Gesichtspunkten eher abzulehnen ist entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung.[5]

 

Rz. 19

Wie gesagt, bestehen die hier umrissenen steuerlichen Risiken nicht nur bei Einzelunternehmen, sondern bei allen Arten von Personenunternehmern, also auch bei gewerblich tätigen und/oder gewerblich geprägten Personengesellschaften (steuerrechtlich: "Mitunternehmerschaften").

 

Rz. 20

In vielen Fällen ist das Unternehmensvermögen eigentümergeführter bzw. eigentümerdominierter Personengesellschaften – bewusst – so strukturiert, dass betrieblich genutztes Vermögen im persönlichen Eigentum des Unternehmers/Gesellschafters und nicht im Eigentum der Personengesellschaft steht. Hierbei handelt es sich dann um steuerliches Sonderbetriebsvermögen. Dabei wird weitergehend wie folgt unterschieden: Wirtschaftsgüter, die Eigentum eines Mitunternehmers sind und der Gesellschaft bzw. ihrem Betrieb dienen, werden als Sonderbetriebsvermögen I bezeichnet. Beispielhaft genannt seien hier Betriebsgrundstücke nebst den darauf errichteten Betriebsgebäuden, die ganz oder teilweise durch den Betrieb der Personengesellschaft genutzt werden, jedoch im Alleineigentum eines Gesellschafters stehen. Zum sog. Sonderbetriebsvermögen II zählen demgegenüber solche Wirtschaftsgüter im Eigentum des Gesellschafters, die dessen Beteiligung an der Personengesellschaft stärken bzw. ihr wenigstens förderlich sind.

Sonderbetriebsvermögen sind nicht nur aktive Wirtschaftsgüter, sondern ggf. auch die zu ihrer Finanzierung aufgenommenen Verbindlichkeiten (negatives Sonderbetriebsvermögen).

 

Rz. 21

Sonderbetriebsvermögens II bilden regelmäßig die GmbH-Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH einer operativ tätigen GmbH & Co. KG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Komplementär-GmbH nicht neben ihrer Komplementär-Stellung noch einen eigenständigen Gewerbebetrieb unterhält.[6] Allerdings stellt eine solche Beteiligung nicht zwingend auch gleichzeitig eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.

 

Rz. 22

Wie bereits die Bezeichnung deutlich macht, gehört das Sonderbetriebsvermögen zum steuerlichen Betriebsvermögen des Gesellschafters (M...

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