Rz. 67

Während der Trennungszeit können sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowohl beim Unterhaltsverpflichteten (Leistungsfähigkeit) als auch beim Unterhaltsberechtigten (Bedarf oder Bedürftigkeit) wesentlich verändern, so dass es erforderlich wird, Urteile, Beschlüsse und sonstige Titel abzuändern.[55]

[55] Vgl. Muster Rdn 197.

(1) Ziel des Abänderungsverfahrens

 

Rz. 68

Ziel des Abänderungsverfahrens ist es, vorhandene Titel einer nachträglichen wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen. Das Abänderungsverfahren unterscheidet sich folgendermaßen von anderen Antragsarten:

 

Rz. 69

Mit dem Vollstreckungsabwehrantrag, § 767 ZPO, kann einem titulierten Anspruch die Vollstreckbarkeit aberkannt werden, weil eine rechtshemmende oder rechtsvernichtende Einwendung geltend gemacht wird (z.B. Erfüllung, Stundung). Grundsätzlich schließen sich das Abänderungsverfahren, dessen Ziel die Beseitigung oder Höherstufung eines materiell-rechtlichen Anspruchs ist, und das Vollstreckungsabwehrverfahren, dessen Ziel die Beseitigung der Vollstreckbarkeit ist, aus. Ausnahmsweise können beide Verfahren parallel eingeleitet werden. Dies ist dann möglich, wenn Einwendungen i.S.d. § 767 ZPO (auch) für die Zeit ab Rechtshängigkeit geltend gemacht werden (z.B. Einwand der Verwirkung).[56]

 

Hinweis

Werden ausnahmsweise beide Verfahren gleichzeitig eingeleitet, so ist darauf zu achten, dass für das Vollstreckungsabwehrverfahren nicht das Gericht des ersten Rechtszugs, das den angegriffenen Titel erlassen hat, zuständig ist (§ 767 Abs. 1 ZPO), sondern gem. § 232 Abs. 2 FamFG das Familiengericht, das für die Unterhaltssache zuständig ist.

 

Achtung!

Beruht die erstinstanzliche Entscheidung auf einer richterlichen Prognoseentscheidung (z.B. Schätzung der Einkommenshöhe) und erweist sich die Prognose als falsch, so ist das Abänderungsverfahren, nicht das Vollstreckungsabwehrverfahren, die richtige Verfahrensart.[57]

Mit dem Rechtsmittel der Beschwerde[58] verfolgt der Antragsteller das Ziel, die erstinstanzliche Entscheidung mit der Begründung abzuändern, dass sie auf einer Rechtsverletzung beruhe oder dass die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigten. Bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses haben die Beteiligten ein Wahlrecht, ob sie das Abänderungsverfahren einleiten oder das Beschwerdeverfahren durchführen.[59]

Hat einer der Beteiligten das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt, muss nach der Rechtsprechung des BGH[60] Anschlussbeschwerde eingelegt werden.

Die Frist zur Einlegung der Anschlussbeschwerde (Ablauf der Frist, die dem Antragsgegner zur Begründung der Beschwerde gesetzt worden ist, § 66 FamFG i.V.m. § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) gilt nicht, wenn die Anschlussbeschwerde eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (also Unterhalt) zum Gegenstand hat, §§ 66, 117 Abs. 2 S. 1 FamFG i.V.m. § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO. Die Einlegung der Anschlussbeschwerde ist daher im Beschwerdeverfahren nicht befristet,[61] so dass auch auf diesem Weg neue Tatsachen in das Verfahren eingebracht werden können und müssen!

Die Anschlussbeschwerde verliert jedoch ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen wird oder als unzulässig verworfen wird. In diesem Fall muss der Anschlussbeschwerdeführer alsbald ein neues (Abänderungs-)Verfahren einleiten.[62]

Sie verliert ihre Wirkung jedoch nicht, wenn die Beschwerde durch Beschluss verworfen wird; dann bedarf es einer Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit der Anschlussbeschwerde, § 66 S. 1 und 2 FamFG.[63]

 

Hinweis

Die Anschlussbeschwerde muss nicht begründet werden, denn § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG verweist nicht auf § 524 Abs. 3 ZPO! Der Beschwerdegegner sollte sich jedoch auf seine entsprechenden Ausführungen in der Beschwerdeerwiderung berufen.[64]

Wird die Beschwerde hingegen als unbegründet zurückgewiesen, ist sowohl über die Zulässigkeit als auch die Begründetheit der Anschlussbeschwerde zu entscheiden, § 66 S. 1 und 2 FamFG.

[56] BGH FamRZ 1990, 1095; BGH FamRZ 1989, 159.
[57] BGH FamRZ 1981, 862.
[58] Zu den Rechtsmitteln in Familiensachen nach dem FamFG s. Maurer, FamRZ 2009, 465 ff.
[59] MüKo-ZPO/Gottwald § 323 Rn 40 ff. m.w.N.
[60] BGH MDR 1988, 658.
[61] MüKo-ZPO/Gottwald § 323 Rn 40.
[62] Zum weiteren Vorgehen s. im Kapitel "Beschwerderecht", § 18 Rdn 1 ff.
[63] Fölsch, S. 210.
[64] Wendl/Dose, § 10 Rn 593.

(2) Abänderbare Trennungsunterhaltstitel

 

Rz. 70

Folgende Titel sind mit dem Abänderungsantrag abänderbar:

Endentscheidungen des Gerichts über künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen (Leistungsurteile und -beschlüsse, Anerkenntnisurteile und -beschlüsse, nicht anfechtbare Versäumnisurteile und -beschlüsse) gem. § 238 FamFG;
Prozessvergleiche (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder vollstreckbare Urkunden über eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen gem. § 239 Abs. 1 FamFG;
Im summarischen Verfahren ohne Sachprüfung ergangene Entscheidungen (vereinfachtes Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger) gem...

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