Rz. 110

Hierbei handelt es sich um ein summarisches Verfahren,[93] welches folgende Unterschiede zum Hauptsacheverfahren und Besonderheiten aufweist:

Die einstweilige Anordnung ist nur ein prozessuales Mittel, um eine schnelle Vollstreckung zu ermöglichen. Es entsteht keine materielle Rechtskraft, so dass über denselben Anspruch im Hauptsacheverfahren entschieden werden kann.
Es bedarf grundsätzlich keiner mündlichen Verhandlung, diese findet nur statt, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Beilegung des Verfahrens geboten erscheint (§ 246 Abs. 2 FamFG).

Die vorgetragenen Tatsachen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 294 ZPO), denn das Gericht erhebt keinen Beweis im summarischen Verfahren.

Es besteht kein Anwaltszwang, vgl. § 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG.
Ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden ist nicht erforderlich, allerdings ist ein Regelungsbedürfnis notwendig.[94]
[93] S. Muster Rdn 201.
[94] Borth, FamFZ 2007, 1925, 1935.

(1) Verfahren der einstweiligen Anordnung

 

Rz. 111

Der Unterhaltsberechtigte kann nach § 246 Abs. 1 FamFG vorgehen, wenn:

das Hauptsacheverfahren (Trennungsunterhaltsverfahren) nach § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG anhängig ist oder ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für dieses Hauptsacheverfahren gestellt worden ist. Ein Hauptsacheverfahren ist jedoch nicht notwendige Voraussetzung für die Einleitung eines einstweiligen Anordnungsverfahrens. Sinn ist es, die Verfahrensautonomie der Parteien zu stärken und so abzuwägen, ob neben dem Einstweiligen Anordnungsverfahren überhaupt noch ein Hauptsacheverfahren notwendig ist. Bei dieser Abwägung sollte – neben dem Kosteninteresse der Partei – auch berücksichtigt werden, welche Qualität ein Gerichtsbeschluss hat, der auf einer summarischen Prüfung des Sachverhalts beruht und die Parteien unter Umständen über Jahre hinweg bindet.
 

Rz. 112

 

Hinweis

Für das einstweilige Anordnungsverfahren muss ein zusätzlicher Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt werden, denn die im Hauptverfahren bewilligte Verfahrenskostenhilfe bezieht sich nicht mit auf das EA-Verfahren.

 

Rz. 113

Weiter ist zu beachten, dass

der Antrag unzulässig ist, wenn der Hauptsacheantrag unzulässig oder evident unbegründet ist;
der Antrag nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gestellt werden kann, danach ist er unzulässig;
der Antragsteller ein Regelungsbedürfnis darlegen muss, welches vorliegt, wenn die Zahlung des geltend gemachten Unterhalts notwendig ist.

(2) Inhalt der einstweiligen Anordnung

 

Rz. 114

Der Antragsteller muss einen auf die Zahlung eines bestimmten Betrags gerichteten Antrag stellen. Der Antrag muss begründet werden. Hier sollte ausführlich vorgetragen werden, wenn beantragt wird, wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die vorgetragenen Tatsachen sind glaubhaft zu machen durch eidesstattliche Versicherung, § 294 Abs. 1 ZPO.

 

Rz. 115

Anders als bei der einstweiligen Verfügung kann im Rahmen der einstweiligen Anordnung der volle Unterhaltsbetrag gefordert werden, nicht nur der Notunterhalt.

 

Rz. 116

Es kann aber nur der laufende Unterhalt geltend gemacht werden, kein Unterhaltsrückstand.

(3) Geltungsdauer der einstweiligen Anordnung

 

Rz. 117

Ergeht im einstweiligen Anordnungsverfahren ein unbefristeter Beschluss, so tritt die einstweilige Anordnung automatisch unter folgenden Voraussetzungen außer Kraft:

es wird eine andere Regelung im Hauptsacheverfahren rechtskräftig wirksam (z.B. Urteil, Beschluss, Vergleich), § 56 Abs. 1 S. 1 und 2 FamFG,
der Hauptsacheantrag wird zurückgenommen, § 56 Abs. 2 Nr. 1 FamFG,
der Hauptsacheantrag wird rechtskräftig abgewiesen, § 56 Abs. 2 Nr. 2 FamFG,
die Hauptsache wird übereinstimmend für erledigt erklärt oder die Erledigung der Hauptsache tritt anderweitig ein (§ 56 Abs. 2 Nr. 3 und 4 FamFG).
 

Rz. 118

 

Hinweis

Unterhaltsbeschlüsse werden erst mit Rechtskraft "wirksam" i.S.d. § 56 Abs. 1 S. 2 FamFG.[95] Es ist also möglich, dass der Unterhaltsberechtigte bis zur Rechtskraft weiter aus der einstweiligen Anordnung vollstreckt. Für den Fall, dass der Unterhaltsverpflichtete im Hauptsacheverfahren zu einer geringeren Unterhaltsleistung als im einstweiligen Anordnungsverfahren verurteilt wird, muss er sich gegen die Vollstreckung wehren (§§ 769 f. ZPO, negativer Feststellungswiderantrag).

 

Rz. 119

 

Hinweis

Das Gericht ist (auch) befugt, den Unterhalt befristet zuzusprechen[96] (vgl. § 56 Abs. 1 S. 1 FamFG). Auf einen entsprechenden Antrag sollte in der Antragserwiderung geachtet werden!

[96] A.A.: Borth, FamRZ 2009, 157, 161.

(4) Abänderbarkeit der einstweiligen Anordnung

 

Rz. 120

Die einstweilige Anordnung stellt nur einen Vollstreckungstitel dar, welcher der vorläufigen Vollstreckung und damit der vorläufigen Sicherstellung des zu zahlenden Unterhalts dient. Dieser Titel kann rückwirkend aufgehoben werden. Eine "Rückwirkungssperre" besteht nicht, da die Abänderungsvorschriften der §§ 238 ff. FamFG keine Anwendung finden!

 

Rz. 121

Gegen die einstweilige Unterhalts-Anordnung kann keine Beschwerde eingelegt werden, sie ist unanfechtbar (§ 57 Abs. 1 S. 1 Fa...

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