Rz. 633

Die Neufassung des § 1568a BGB macht deutlich, dass das Gericht bei der Gestaltung der Rechtsverhältnisse anhand von Anspruchsgrundlagen entscheidet. Die Anspruchsvoraussetzungen entsprechen den Grundsätzen, die sich bei der Anwendung des § 2 HausratsVO herausgebildet haben.

 

Rz. 634

Die Anknüpfung u.a. an die Lebensverhältnisse stellt sicher, dass bei der gerichtlichen Entscheidung wie bisher auch alle Umstände des Einzelfalls Berücksichtigung finden können. Zur Sicherung einer zweckmäßigen und gerechten Zuweisung soll grundsätzlich derjenige Ehegatte die Ehewohnung behalten, der unter Berücksichtigung dieser Umstände stärker auf sie angewiesen ist. Ergänzend wird auf andere Billigkeitsgründe abgestellt. Das kann insbesondere in den Fällen Bedeutung erlangen, in denen keine Kinder vorhanden sind und sich nicht feststellen lässt, ob ein Ehegatte stärker als der andere auf die Ehewohnung angewiesen ist. In diesen Fällen kommt es darauf an, ob ein Ehegatte aufgrund anderer Umstände ein besonderes und schützenswertes Interesse an der Wohnung hat, weil er beispielsweise in ihr aufgewachsen ist, die Wohnung für ihn behindertengerecht umgebaut wurde, er bereits vor der Eheschließung in der Wohnung gewohnt hat oder in nicht unerheblichem Umfang Investitionen in die Wohnung getätigt hat.

 

Rz. 635

Im Interesse der Rechtsklarheit ist aufgrund der ersatzlosen Streichung von § 2 HausratsVO als Rechtsfolge ausschließlich die Begründung oder Fortführung eines Mietverhältnisses vorgesehen, so wie es bereits in der Anwendung des 2. Abschnitts der HausratsVO der Regelfall war.

 

Rz. 636

§ 1568a Abs. 2 BGB entspricht im Wesentlichen § 3 HausratsVO. Zwischen den Ehegatten wird in derartigen Fällen nach Abs. 5 ein Mietvertrag zu schließen sein.

 

Rz. 637

§ 1568a Abs. 3 BGB entspricht § 5 Abs. 1 S. 1 HausratsVO. Er ersetzt die Rechtsgestaltung durch den Richter durch eine an den §§ 563, 563a BGB orientierte gesetzliche Nachfolge. Die Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn es sich bei der Ehewohnung um genossenschaftsrechtlich gebundenen Wohnraum handelt. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, im Rahmen der Absätze 3 bis 5 ein bloßes entgeltliches Nutzungsverhältnis der Ehegatten untereinander zuzulassen. Das Mietrecht kennt ein solches entgeltliches Nutzungsverhältnis neben der Miete nicht. Eine solche Regelung wäre systemwidrig.

 

Rz. 638

§ 1568a Abs. 3 BGB übernimmt die in § 5 Abs. 1 S. 2 HausratsVO enthaltene Regelung, wonach der Richter Anordnungen treffen konnte, die aus dem Mietverhältnis herrührenden Ansprüche des Vermieters zu sichern, nicht. Für diese richterliche Anordnung ist nach Meinung des Gesetzgebers in einem auf Anspruchsgrundlagen umgestellten System kein Platz. Außerdem besteht nach Auffassung des Gesetzgebers aus mietrechtlicher Sicht für eine Nachhaftung kein Bedürfnis, da der Vermieter bei Zahlungsrückständen das Mietverhältnis kündigen kann. Der Zeitpunkt des Wechsels im Mietverhältnis knüpft an die Möglichkeiten an, die Überlassung der Ehewohnung zu regeln:

 

Rz. 639

Durch Zugang der Mitteilung über die Wohnungsüberlassung. Die Mitteilung wird gem. § 130 Abs. 1 BGB mit dem Zugang beim Vermieter wirksam. Die Mitteilung hat durch beide Ehegatten zu erfolgen, muss aber nicht zwingend gemeinsam abgegeben werden. Erfolgen zwei getrennte Erklärungen, kommt es für die Änderung im Mietverhältnis auf den Zugang der letzten Erklärung beim Vermieter an. Das gilt allerdings nicht im Rahmen von Abs. 4, wenn es auf die Zustimmung des Vermieters ankommt und diese noch nicht erteilt ist. Angesichts der besonderen Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt ist die Interessenlage mit dem Eintrittsrecht des Ehegatten bei Tod des Mieters (§ 563 BGB) vergleichbar. Dementsprechend soll dem Vermieter auch in diesen Fällen das besondere Kündigungsrecht gem. § 563 Abs. 4 BGB zustehen.

 

Hinweis

§ 1568a BGB trifft Regelungen nur für die Überlassung der Wohnung ab Rechtskraft der Ehescheidung. Dementsprechend kann die Mitteilung über die Überlassung auch nur eine Änderung des Mietverhältnisses ab Rechtskraft der Ehescheidung bewirken.

Durch Rechtskraft der richterlichen Entscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren. Die Neuregelung ist auf die Endentscheidung abgestellt, so wie es § 209 Abs. 2 FamFG vorsieht. Wird die Endentscheidung in einem Scheidungsurteil im Verbundverfahren getroffen, bedarf es keiner Regelung im Hinblick auf die Rechtskraft der Scheidung. Nach § 148 FamFG werden Entscheidungen in Folgesachen nicht vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs wirksam. Sie können aber z.B. bei Abtrennung der Folgesache oder einem isolierten Rechtsmittel auch später rechtskräftig werden.
 

Rz. 640

Problematisch könnten Fälle sein, in denen die Ehegatten sich zwar hinsichtlich der Überlassung der Wohnung geeinigt haben, der ausgezogene Ehegatte aber nicht an der Mitteilung an den Vermieter mitwirkt. In diesen Fällen wird ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Geltendmachung des Überlassungsanspruchs anzunehmen sein.

 

Rz. 641

Besteht...

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