Rz. 181

Bewilligt das Gericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so ist diese Entscheidung nach § 238 Abs. 3 ZPO unanfechtbar. Der Antragsgegner ist deshalb gezwungen, alle Aspekte, die gegen eine Wiedereinsetzung sprechen, insbesondere solche, die ein Fristversäumnis, ein Verschulden und die Kausalität des Verschuldens für die Säumnis begründen, unmittelbar vorzutragen. Dies lohnt sich umso mehr, als seine eigene Rechtsposition aus materiell-rechtlichen Gründen oder wegen einer absehbaren Beweisnot nicht sehr stark ist. Er kann den Prozess dann allein aufgrund des Fehlverhaltens des Gegners gewinnen.

 

Rz. 182

 

Praxistipp

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn dem Antragsgegner das rechtliche Gehör verweigert wurde.[270] Der Antragsgegner muss hier zunächst Gegenvorstellung in der zweiwöchigen Frist des § 321a ZPO erheben.[271] Bleibt diese erfolglos, ist die Entscheidung über die bewilligte Wiedereinsetzung auf eine Verfassungsbeschwerde[272] hin aufzuheben und an das Ausgangsgericht zur erneuten Entscheidung nach Anhörung des Antragsgegners zu verweisen. Da es an den gesetzlichen Voraussetzungen einer sofortigen Beschwerde fehlt und eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit von der Rechtsprechung nicht mehr anerkannt wird,[273] ist nach der erfolglosen Gegenvorstellung unmittelbar Verfassungsbeschwerde zu erheben.

 

Rz. 183

Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleibt auch dann unanfechtbar, wenn das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde entgegen § 238 Abs. 3 ZPO zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde ist in diesem Fall unzulässig.[274]

 

Rz. 184

Im Übrigen ist zu unterscheiden, ob das Gericht die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Entscheidung über die versäumte Prozesshandlung entsprechend § 238 ZPO verbunden hat oder ob es zu einer gesonderten Entscheidung gekommen ist.

 

Rz. 185

Wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch einen gesonderten Beschluss des erstinstanzlichen Gerichtes zurückgewiesen, so ist hiergegen die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO statthaft.[275]

 

Rz. 186

Wird der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, so kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu beantragen sein, wenn in der fehlenden Abhilfeentscheidung und der drohenden bestätigenden Entscheidung des Beschwerdegerichts eine Überspannung der Anforderungen an die Partei oder ihren Anwalt liegt oder eine eindeutige Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung vorliegt. In diesem Fall ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen eines Verstoßes gegen Verfahrensgrundrechte und damit wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache[276] geboten. Zumindest aber ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich.[277] In jedem Fall muss mit der Beantragung der Zulassung der Rechtsbeschwerde zugleich auch beantragt werden, die Sache auf die Kammer oder den Senat zur Entscheidung zu übertragen, da nur das Kollegialgericht, nicht aber der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zulassen darf.

 

Rz. 187

 

Praxistipp

Da das Beschwerdegericht häufig diese Gründe nicht sehen dürfte, empfiehlt es sich, die Zulassung der Rechtsbeschwerde ausdrücklich zu beantragen. Dies zwingt das Beschwerdegericht, sich mit den Zulassungsgründen auseinander zu setzen, und kann so im günstigsten Fall sogar die Bewilligung der Wiedereinsetzung begründen. Die Praxis zeigt – auch wenn dies von BGH-Richtern beklagt wird[278] – aber auch, dass bei einem solchen Antrag die "Prüfung" häufig dadurch ersetzt wird, dass die Rechtsbeschwerde schlicht zugelassen wird.

 

Rz. 188

Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dagegen mit der Hauptsacheentscheidung verweigert, so ist das in der Hauptsache statthafte Rechtsmittel gem. § 238 Abs. 2 S. 1 ZPO einzulegen. Gegen ein Urteil ist also das dagegen statthafte Rechtsmittel einzulegen, d.h. Berufung oder Revision.

 

Rz. 189

 

Hinweis

Ist über den Wiedereinsetzungsantrag durch ein zweites Versäumnisurteil unter Zurückweisung eines Einspruchs als unzulässig nach § 341 Abs. 2 ZPO durch Urteil entschieden worden, ist ebenfalls Berufung einzulegen.

 

Rz. 190

Hat dagegen das Berufungs- oder Beschwerdegericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert, ist hiergegen allenfalls die Rechtsbeschwerde statthaft. Dies setzt allerdings voraus, dass sie auch zugelassen wurde. Ist kein Rechtsmittel statthaft, kann auch hier lediglich mit der Gehörsrüge nach § 321a ZPO, der Gegenvorstellung und nachfolgend der Verfassungsbeschwerde operiert werden.

 

Rz. 191

Wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt und zugleich die Berufung nach § 522 ZPO als unzulässig verworfen, so ist gegen diese Entscheidung nur noch die Rechtsbeschwerde nach § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO statthaft.[279] Sie muss also unmittelbar durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt nach § 133 GVG bei diesem eingelegt werden.[280]

 

Rz. 192

 

Hinweis

In der Rechtsmittelinstanz ist die Partei nicht berechtigt,...

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