Rz. 51

Literatur zum Vorsatz: Fromm, DAR 2019, 375; Hillebrand, zfs 2019, 423.

Ob eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorsätzlich begangen wurde, ist nicht nur für die Bußgeldhöhe (gem. § 3 Abs. 4a BKatV sind die Regelsätze zu verdoppeln), sondern auch für die Frage, ob von einem Regelfahrverbot abgesehen werden kann von Bedeutung.

Vorsatz setzt regelmäßig den Nachweis voraus, dass der Betroffene bewusst schneller als erlaubt gefahren war, er also die Geschwindigkeitsbeschränkung kannte und sie bewusst und gewollt überschritten hat (OLG Hamm zfs 2008, 408; OLG Zweibrücken DAR 2011, 274). Das gilt gerade auch bei Autobahnfahrten (OLG Bamberg DAR 2019, 389).

Ob hierfür der Verweis auf die angebliche Lebenserfahrung, nach der ein Kraftfahrer sichtbare Schilder immer sehe und deshalb eine Geschwindigkeitsüberschreitung zumindest billigend in Kauf nähme, ausreicht, ist umstritten.

Die überwiegende Rechtsprechung (OLG Koblenz zfs 2013, 472; OLG Celle zfs 2014, 350; OLG Köln NZV 2019, 155; OLG Hamm zfs 2019, 353), das OLG Bamberg (DAR 2019, 389 sogar für Autobahnen) nehmen gegen OLG Stuttgart (DAR 2010, 402; OLG Braunschweig NZV 2015, 98) einen solchen Erfahrungssatz an.

Sie bejahen deshalb bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 40 % regelmäßig Vorsatz (OLG Celle DAR 2014, 150; OLG Bamberg DAR 2014, 37; OLG Zweibrücken DAR 2019, 218), während das OLG Düsseldorf (DAR 2016, 149) selbst bei einer außerörtlich begangenen Überschreitung um 100 % einen solchen nicht ohne weiteres unterstellt.

 

Rz. 52

 

Tipp: Urteilsfeststellungen

Die Annahme des Vorsatzes bedarf näherer Darlegungen im Urteil (BGH zfs 1993, 390), insbesondere zum Aufstellort des Radargerätes, der Art und räumlichen Staffelung der Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder sowie eventuell weiterer Verkehrszeichen wie z.B. Hinweisschilder auf Baustellen etc. (OLG Düsseldorf zfs 1997, 194). Sie erfordert umfassende Feststellungen (OLG Bamberg DAR 2014, 38) und setzt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung grundsätzlich auch die Angabe des angenommenen Toleranzwertes voraus (OLG Düsseldorf zfs 2016, 229).

Wird die Auffassung, der Betroffene habe das geschwindigkeitsbeschränkende Schild sehen müssen, mit einem Beschilderungsplan untermauert, muss das Urteil darüber hinaus entweder Darlegungen zu dessen Inhalt oder eine prozessordnungsgemäße Bezugnahme enthalten (KG DAR 2006, 158; OLG Koblenz zfs 2014, 170).

Selbst wenn man davon ausginge, dass gut sichtbare Schilder immer gesehen würden, muss dem Betroffenen immer noch nachgewiesen werden, dass er bewusst schneller als erlaubt gefahren ist (OLG Zweibrücken DAR 2011, 274).

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