Rz. 74

Falls man den Elementarunterhalt auf 300 EUR herabsetzt, könnte der Altersvorsorge­unterhalt wie folgt berechnet werden:

Elementarunterhalt: 300 EUR

Altersvorsorgeunterhalt:

 

BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 44

aa) Der nacheheliche Unterhalt umfasst gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB den gesamten Lebensbedarf. Im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576 BGB gehören nach § 1578 Abs. 3 BGB zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit. Der danach geschuldete Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs den Aufbau einer Altersvorsorge zu ermöglichen, die den Einkünften vor Renteneintritt entspricht. Im Rahmen des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB soll der Unterhaltsberechtigte seine weitere Altersvorsorge nicht lediglich aus den erzielten eigenen Einkünften, sondern auch auf der Grundlage des Aufstockungsunterhalts aufbauen können. Dabei ist es gerechtfertigt, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu erreichen wären, und damit den Berechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Nettoeinkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte.

Diesen Vorgaben wird es gerecht, wenn der als Elementarunterhalt zugesprochene Betrag dem Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt und dieses zur Ermittlung der darauf entfallenden Vorsorgebeiträge mit Hilfe der sogenannten Bremer Tabelle in ein fiktives Bruttoeinkommen umgerechnet wird.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Altersvorsorgeunterhalt auch nicht durch die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung der Höhe nach begrenzt (Senatsurteile vom 11.8.2010 – XII ZR 102/09 – FamRZ 2010, 1637 Rn 34 ff. m.w.N. und vom 30.11.2011 – XII ZR 35/09, FamRZ 2012, 945 Rn 17 m.w.N.).

300 EUR "netto" entsprechen nach der Bremer Tabelle 2022 einem Brutto von 339 EUR (300 EUR + 13 % aus 300 EUR).

18,6 % (Rentenversicherungsbeitragssatz 2022) aus 339 EUR sind 63 EUR.

Eine zweistufige Berechnung ist hier – angemessener Bedarf; der Unterhalt wurde auf 300 EUR herabgesetzt – nicht erforderlich, solange der eheangemessene Selbstbehalt des M gewahrt wird, also durch den zusätzlichen Altersvorsorgeunterhalt nicht der Halbteilungsgrundsatz zum Nachteil des M verletzt wird.

 

BGH, Beschl. v. 16.10.2019 – XII ZB 341/17 Rn 33

Dass das Oberlandesgericht dem Halbteilungsgrundsatz Rechnung getragen hat, zeigt sich vielmehr im Vergleich des dem unterhaltspflichtigen Antragsteller tatsächlich verbleibenden Selbstbehalts (1.090 EUR) mit dem der Antragsgegnerin tatsächlich zur Verfügung stehenden Elementarunterhalt (1.075 EUR).

Bei der Frage der Wahrung des eheangemessenen Selbstbehalts (Wahrung der Halbteilung) ist stets zu bedenken, dass in den Vergleich zwischen dem Unterhaltsschuldner verbleibenden Einkommen einerseits und dem Einkommen der Unterhaltsberechtigten nebst Unterhalt nur der Elementarunterhalt, nicht der Altersvorsorgeunterhalt einbezogen werden darf.

Der Altersvorsorgeunterhalt umfasst auch die 4 %ige zusätzliche Altersvorsorge – jedenfalls dann, wenn sie auch vom Unterhaltsschuldner betrieben wird.

 

BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 45 ff.

Die Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts durch Multiplikation des so ermittelten fiktiven Bruttoeinkommens mit dem Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht auf der Überlegung, dass mit Zahlung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung eine angemessene Vorsorge für den Fall des Alters und der verminderten Erwerbsfähigkeit betrieben werden kann, die den Anforderungen des § 1578 Abs. 3 BGB genügt. Diese Prämisse gilt im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch nur noch eingeschränkt. Denn inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Lebensstandard im Alter nur dann zu sichern ist, wenn neben der primären Vorsorge private Leistungen für eine zusätzliche Altersvorsorge erbracht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1821 f. m.w.N.).

… Daher erkennt es der Senat in ständiger Rechtsprechung als gerechtfertigt an, dass in Anlehnung an den Höchstfördersatz der sogenannten Riester-Rente ein Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens als angemessene zusätzliche Altersvorsorge durch Abzug vom jeweiligen unterhaltsrelevanten Einkommen berücksichtigt wird (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1822 und vom 1.6.2011 – XII ZR 45/09, FamRZ 2011, 1209 Rn 35 m.w.N.), und zwar unabhängig davon, ob eine solche Vorsorge bereits während der Ehezeit betrieben oder erst nach der Scheidung aufgenommen worden ist (vgl. Senatsurteil vom 27.5.2009 – XII ZR 111/08, FamRZ 2009, 1207...

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