Rz. 76

Vor der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs ist zunächst zu prüfen, ob die jeweilige Person überhaupt zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört. Wer pflichtteilsberechtigt ist, bestimmen § 2303 BGB und die oftmals missverstandene Vorschrift des § 2309 BGB.

Zu den pflichtteilsberechtigten Personen gehören zunächst die Abkömmlinge des Erblassers und sein Ehepartner; sind keine Abkömmlinge vorhanden, sind seine Eltern pflichtteilsberechtigt. Dabei steht den Eltern des Erblassers und entfernteren Abkömmlingen (Enkel) nur dann ein Pflichtteil zu, wenn nähere Abkömmlinge (Kinder) nicht mehr vorhanden sind (§§ 2303, 2309 BGB). Zu den Pflichtteilsberechtigten gehören auch das adoptierte Kind und das nichteheliche Kind.

Nach Art. 1 § 10 Abs. 6 LPartG gilt das Pflichtteilsrecht des BGB ebenso wie für Ehepartner auch für den Überlebenden einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, so dass auch dieser zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört.[57]

 

Rz. 77

Ein Pflichtteilsanspruch ist gegeben, wenn die Berechtigten nach der gesetzlichen Erbfolge Erben geworden wären, sie aber im konkreten Fall durch eine Verfügung von Todes wegen enterbt wurden. Handlungen des Berechtigten selbst, die zum Verlust des gesetzlichen Erbrechts führen, führen auch in der Regel zum Verlust des Pflichtteilsrechts (z.B. der Erbverzicht, Erbausschlagung etc.).

Einen Pflichtteilsanspruch hat somit grundsätzlich nur derjenige, der enterbt ist. Hiervon gibt es jedoch auch einige Ausnahmen. Es handelt sich um die Fälle der "taktischen Ausschlagung",[58] wobei nach der Neuregelung des § 2306 BGB nunmehr jeder Pflichtteilsberechtigte die Möglichkeit der Ausschlagung hat, wenn sein Erbteil mit Beschränkungen und Beschwerungen belastet ist (vgl. § 13 Rdn 1 ff.).

Entfernte Abkömmlinge (Enkel) und die Eltern des Erblassers sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn sie bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge Erben werden würden. Voraussetzung ist zum einen, dass die Abkömmlinge nicht durch nähere Abkömmlinge und dass die Eltern nicht durch Abkömmlinge von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind und dass sie zum anderen durch den Erblasser enterbt wurden.

Ein näherer Pflichtteilsberechtigter entfällt also gemäß § 2309 BGB nur dann, wenn er vor dem Erbfall verstorben ist, er nach § 1953 BGB ausgeschlagen hat oder er für erbunwürdig erklärt wurde. Gleiches gilt für den Fall, dass ihm der Pflichtteil vom Erblasser wirksam entzogen wurde oder er einen Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht abgegeben hat, der sich nicht auf die Abkömmlinge erstreckt.

 

Rz. 78

Nicht pflichtteilsberechtigt sind entferntere Abkömmlinge und Eltern aber dann, wenn der nähere Abkömmling den Pflichtteil verlangen kann, wobei er hierzu nicht verpflichtet ist, oder er nach §§ 2306, 2307 BGB ausgeschlagen hat und letztlich auch dann, wenn er das ihm Zugewandte annimmt. Ziel und Zweck des § 2309 BGB ist es, dass es letztlich nicht zu einer Doppelbegünstigung desselben Stammes kommt, mit der Folge, dass ihm mehrere Pflichtteilsrechte zustehen würden.

[57] Bonefeld, ZErb 2001, 1.
[58] Vgl. Kerscher/Tanck, ZAP 1997, 689.

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