Rz. 1267

 

§ 22 RVG – Grundsatz

(1) In derselben Angelegenheit werden die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet.
(2)

1Der Wert beträgt in derselben Angelegenheit höchstens 30 Millionen EUR, soweit durch Gesetz kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

2Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen wegen verschiedener Gegenstände Auftraggeber, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Millionen EUR, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Millionen EUR.

 

§ 23 RVG – Allgemeine Wertvorschrift

(1)

1Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften.

2In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist.

3Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. 4§ 22 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

1. Mandatsverhältnis – Schadenersatzverhältnis

 

Rz. 1268

Auch beim Streitwert ist zwischen Mandatsverhältnis einerseits und Schadenersatzverhältnis andererseits zu unterscheiden.

a) Mandatsverhältnis

 

Rz. 1269

Im Mandatsverhältnis entspricht der Gebührenstreitwert dem Auftragswert. Beauftragt der Mandant seinen Anwalt, einen Kapitalbetrag von 100.000 EUR im Regulierungsgespräch zu fordern, schuldet er die Gebühr nach einem Streitwert von 100.000 EUR unabhängig vom Ergebnis.[1154]

 

Rz. 1270

Der dem Schadenersatzbegehren zugrunde zu legende Gebührenstreitwert ist stets der Höhe nach beschränkt durch den Geschäftswert im Mandatsverhältnis.[1155]

[1154] LG Limburg v. 27.5.1992 – 3 S 61/92 – zfs 1993, 64.
[1155] BGH v. 1.10.1968 – VI ZR 159/67 – AnwBl 1969, 15 = MDR 1969, 41 = NJW 1968, 2334 = VersR 1968, 1145.

b) Schadenersatzverhältnis

 

Rz. 1271

Probleme ergeben sich bei Verzicht des Geschädigten – aus welchen Gründen auch immer – auf Mehrforderungen.

 

Rz. 1272

Unstreitig kann der Geschädigte vom Schädiger nicht Ersatz der Anwaltsgebühren, berechnet auf der Grundlage eines Streitwertes in Höhe der vollen – aber letztlich vom Ersatzpflichtigen nicht vollständig erfüllten – Forderung verlangen. Für die Problemlösung erweist sich eine Analogie zu § 92 ZPO als unpraktikabel, obwohl die dieser Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedanken letztlich zum Tragen kommen.

 

Rz. 1273

Die Rechtsprechung hat die Praxis gebilligt, nach der die Gebühren nach dem aufgrund des Gespräches letztendlich gezahlten Betrages berechnet werden. Der Streitwert für vom Schädiger zu ersetzende Anwaltskosten entspricht dem gezahlten Entschädigungsbetrag.[1156]

[1156] BGH v. 7.11.2007 – VIII ZR 341/06 – zfs 2008, 164 (Anm. Hansens); BGH v. 13.4.1970 – III ZR 75/69 – AnwBl 1971, 321 = DAR 1970, 242 = MDR 1970, 663 = NJW 1970, 1122, 1456 = VersR 1970, 573; OLG München v. 28.4.1977 – 1 U 4177/76 – VersR 1977, 1036; Jahnke, Anfall und Erstattung der Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGebO) bei der Regulierung von Schadenfällen, VersR 1991, 264 (274); Fn 117 m.w.N. Siehe auch BGH v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04 – FamRZ 2005, 689 (nur Ls.) = MDR 2005, 751 = NJW 2005, 1112 = NZV 2005, 252 = SP 2005, 250 = VersR 2005, 558 = VRS 108, 334; OLG Brandenburg v. 9.7.2009 – 12 U 203/08 – VersR 2010, 66; OLG Frankfurt v. 8.2.2011 – 22 U 162/08 – OLG Report Mitte 16/2011 Anm. 2 = SP 2011, 291; OLG München v. 23.1.2015 – 10 U 1620/14 – NZV 2015, 305.

2. Berechnungsgrundlage bei Kapitalisierung von wiederkehrenden Leistungen

a) Außergerichtliche Regulierung

 

Rz. 1274

Regelmäßig erfolgt die außergerichtliche Kapitalisierung im Vergleichswege. Anwaltskosten werden dann hinsichtlich des zugrunde zu legenden Streitwertes vom kapitalisierten Abfindungsbetrag geschuldet.

 

Rz. 1275

Sobald die regelmäßig wiederkehrende Abrechnung für den Geschädigten so transparent geworden ist, dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nicht mehr geboten erscheint, kann er die im Mandatsverhältnis entstandenen Kosten nicht im Wege des Schadenersatzes vom Ersatzpflichtigen einfordern (siehe Rdn 1254 f.).

b) Gerichtsverfahren

 

Rz. 1276

 

§ 9 ZPO – Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

 

Rz. 1277

Der für die Berechnung der im gerichtlichen Verfahren anzusetzenden Anwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert bemisst sich ausschließlich nach den Bewertungsvorschriften des GKG (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG).[1157] Für wiederkehrende Leistungen gilt dann § 42 GKG. § 42 Abs. 1 GKG a.F.[1158] sah bis 31.7.2013 als Streitwert den 5-fachen Jahresbetrag vor. Mit der Abschaffung des § 42 GKG gilt § 9 ZPO; der Streitwert beträgt damit den 3 ½-fachen Jahreswert.[1159]

 

Rz. 1278

Der Gebührenstreitwert eines Antrags auf Feststellung einer Geldrente wegen Körperverletzung oder Unterhalt kann mit 80 % des Werte...

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